Fußball

Marcel Koller, Teamchef mit Ablaufdatum

FUSSBALL-WM-QUALIFIKATION: OeSTERREICH - GEORGIEN
FUSSBALL-WM-QUALIFIKATION: OeSTERREICH - GEORGIENAPA/ROBERT JAEGER
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Das ÖFB-Präsidium sieht davon ab, Teamchef Marcel Koller nach schwachen Ergebnissen und verspielter WM-Qualifikation sofort freizustellen. Der Schweizer, 56, bleibt bis Jahresende, leitet auch noch die beiden Oktober-Partien – Österreichs Fußball verliert damit wichtige Zeit.

Gmunden/Wien. Marcel Koller bleibt Teamchef des ÖFB-Fußballteams bis Ende des Jahres, erfüllt ungeachtet der enttäuschend verlorenen WM-Qualifikation und des Absturzes seiner Mannschaft auf Platz 57 der Fifa-Weltrangliste den Vertrag. Auf diese Entscheidung einigte sich das 18-köpfige Präsidium des ÖFB, das am Freitag in Gmunden tagte und sich den Entschluss laut Präsident Leo Windtner „wirklich nicht leicht gemacht“ habe.

„Koller bleibt noch für zwei Spiele ÖFB-Teamchef, aber ich habe ihm klar gemacht, dass danach seitens des ÖFB keine Verlängerung mehr angestrebt wird“, sagt Windtner. Über die Reaktion des Schweizers ist nichts publik geworden. Auch, ob er überhaupt weitermachen hätte wollen, ist fraglich.

Informationen, dass dieser Schritt vom ÖFB in Erwägung gezogen werde, waren aber schon vor Tagen durchgesickert. Der Schweizer Koller, 56, wollte seinen Vertrag erfüllen und auch noch die beiden verbleibenden Spiele der WM-Qualifikation im Oktober bestreiten. Seit 2011 arbeitet er für den Verband und trotz der Kritik und des Negativlaufes – von 18 Spielen wurden nur vier gewonnen – dachte er nicht an Rücktritt. Windtner aber habe ihm vermittelt, dass er „wie in einem wirtschaftlichen Unternehmen“ denken müsse.

Kein schneller Schlussstrich

Die Resultate waren letztendlich ausschlaggebend. Dass sie eigentlich seit Monaten eine Entlassung bzw. Freistellung rechtfertigen würden – Klubtrainer wurden schon nach weitaus weniger Niederlagen ihre Posten enthoben – wollte Windtner so nicht beantworten. Ihn verbinde eben viel mit Koller, der eine „grandiose EM-Qualifikation“ geschafft hätte.

Dass die EM selbst und die laufende WM-Qualifikation aber fern dessen sind, zwischen Trainer, Verband und Spielern nicht mehr diese Harmonie herrscht und ein finaler Schlussstrich die womöglich „sauberere“, wenn nicht sogar sinnvollere Lösung gewesen wäre – diese Themen bleiben unangetastet im Raum stehen.

Zurück bleibt eine eigentlich skurril-halbherzige Lösung, mit der das Nationalteam nun arbeiten muss. Ob es neue Experimente geben wird bei der Einstimmung auf die nahende „Nations League“? Wie Spieler reagieren, die Klubs? Ist die Spannung, der Einsatz noch gleich, wenn man weiß, dass der Trainer nach 180 Minuten Geschichte ist? Für diese Folgen muss Windtner die Verantwortung übernehmen. Er wirkt dabei gelassen: Koller war sein „Projekt“, sein Teamchef ist der Architekt des 2016 noch landesweit gefeierten Fußball-Wunders.

Nur Hugo Meisl hat mehr Spiele

Marcel Koller schon jetzt freizustellen, hätte den ÖFB allerdings nicht nur Geld gekostet, sondern vor allem dringenden Handlungsbedarf beschert angesichts der nahenden Länderspiele gegen Serbien (6. Oktober) und Moldau (9. Oktober). Es ist allerdings auch entlarvend: Man hatte tatsächlich bis jetzt keinen Plan B parat.

Für einen Nachfolger (Windtner: „Wir haben über keinen gesprochen, es fiel kein Name“) wird wohl eine Ablöse fällig, und diesen „Schnellschuss“ wollte keiner vornehmen. Erst bei einer weiteren Präsidiumssitzung – sie muss erst anberaumt werden – wolle der Fußballverbund darüber beraten, wer Koller, der seit 2011 die Mannschaft geführt hat, folgen soll. Namen wie Franco Foda (Sturm), Armin Veh oder Andreas Herzog kursieren; der Verbandschef war aber in diesem Punkt einmal tatsächlich gut beraten, darauf nicht näher einzugehen.

Dass der ÖFB wichtige Zeit verspielt, weil diese Entscheidungsschwäche dem neuen Teamchef kostbare Erkenntnisse mit Spielern (Stichwort: Alaba zurück als linker Verteidiger) in zwei bis drei belanglosen Partien kostet, wollte Windtner so auch nicht verstanden wissen. Der Schweizer werde weiterhin gute Arbeit leisten, ob er das Teamtrainingslager im November jedoch leiten wird, sei offen.

Der Schweizer wird zumindest 54 Länderspiele auf der Bank gesessen haben, er wird in dieser Statistik nur von Wunderteam-Coach Hugo Meisl übertroffen. Er führte die ÖFB-Auswahl in die erweiterte Weltspitze, ehe der Rückfall kam, der ihm am Freitag als Anerkennung seiner Verdienste ein „Ablaufdatum“ bescherte.

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