Fußball: Ultra als Lebenseinstellung

(c) GEPA (Ralph M. Fischer)
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Eine Studie beleuchtet das Phänomen der Ultrakultur. Der Autor weist darauf hin, dass es keine homogene internationale Ultrabewegung gebe, auch ein offizielles Netzwerk der Fußballfans existiere nicht.

WIEN (stög.). Erstmals existiert eine wissenschaftliche Studie, die die Fankultur der Ultras in Europa beleuchtet. Sie wurde am Mittwoch bei einer Fachkonferenz mit Teilnehmern von Europarat, Polizei, Veranstaltern und Ultras im Innenministerium in Wien präsentiert. Ultras sind besonders leidenschaftliche Fußballfans, die sich nicht selten als Avantgarde sehen und fasziniert sind von der „Kultur des Anfeuerns“, wie es Studienautor Gunter A. Pilz von der Leibniz Universität Hannover formuliert.

Frauen sind in dieser Fankultur meist unterrepräsentiert. Ebenso selten gibt es Ultras mit Migrationshintergrund.

Pilz weist darauf hin, dass es keine homogene internationale Ultrabewegung gebe, auch ein offizielles Netzwerk existiere nicht. Allerdings gibt es in einigen Ländern sexistische und homophobe Schlachtgesänge als gemeinsame Merkmale. Andere Ultragruppierungen haben den Kampf gegen die Kommerzialisierung des Fußballs als gemeinsames Merkmal. In vielen europäischen Ländern stehen Ultras „ihren“ Vereinen auch sehr kritisch gegenüber.

„Die Szene ist nicht gewaltfrei“, konstatiert Pilz. Namen von Ultragruppen wie „Fanatics“, „Brigade“ oder „Commando“ zeugen auch von einer Provokationskultur. In Ländern wie Italien, Spanien, aber auch in manchen osteuropäischen Staaten ist die Polizei ein erklärtes Feindbild der Ultras. In vielen Fankurven, die von Ultras besetzt werden, kann es beim Eingreifen der Polizei zu Krawallen kommen. „Für viele europäische Ultras ist das Verhalten der Polizei unverhältnismäßig und willkürlich. Sie kritisieren an der Polizei vor allem, dass sie Fußballfans wie Menschen zweiter Klasse behandeln“, heißt es in der Studie.

Kritik an neuem Gesetz

„Pyrotechnik lieben alle europäischen Ultras“, so Pilz. Das sei kein Zeichen von Gewalt, sondern ein Stilmittel. In Österreich gibt es seit Kurzem ein neues, strengeres Pyrotechnikgesetz. Es stößt auf heftigen Widerstand leidenschaftlicher Fans. Das Innenministerium weist Kritik zurück: Man habe nur die Empfehlungen der EU umgesetzt. Außergewöhnliche Choreografien können aber beantragt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2010)

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