FIFA: Kissinger und Cryuff sollen Blatter helfen

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Chef-Diplomat Henry Kissinger und Fußballlegende Johann Cryuff sollen dem in der Kritik stehenden Joseph S. Blatter zur Hilfe eilen und mithelfen, im Weltfußballverband "aufzuräumen".

Zürich/Ag. Das internationale Echo fällt vernichtend aus, jetzt soll der greise Chef-Diplomat Henry Kissinger das beschädigte Fußball-Imperium von Joseph Blatter aus der größten Krise seiner Geschichte führen. Nachdem Blatter auf dem Kongress seines Weltverbandes mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt worden war, hat der neue und alte FIFA-Boss die Namen der prominenten Nothelfer für die Aufräumarbeiten in dem korruptionsgeplagten Verband verraten.

Zur neuen "Lösungskommission" sollen der 88-jährige frühere US-amerikanische Außenminister Kissinger und die niederländische Fußball-Legende Johan Cruyff gehören. Auch der dreifache brasilianische Weltmeister Pele habe Blatter Hilfe zugesagt.

Denn trotz seines am Ende grotesk eindeutigen Abstimmungstriumphes hat Blatter erkannt, dass all die Skandale, Korruptionsvorwürfe oder Gerüchte um gekaufte WM-Vergaben eben nicht mehr nur in der "FIFA-Familie" gelöst werden können. Seine kämpferische Rede an die Fußball-Nation mit der revolutionären Neuerung der WM-Vergabe durch alle 208 Mitgliedsverbände war wieder einmal ein cleverer Schachzug des Machtmenschen Blatter, der damit die Delegierten auf dem 61. Kongress umgarnte und überzeugte. 186 von 203 Abstimmenden machten am Mittwoch in Zürich ihr Kreuzchen auf dem Zettel neben dem Namen des 75-jährigen Schweizers.

Blatter darf weiterregieren, eine Politik der ruhigen Hand kann er sich aber nicht mehr leisten. "Wir haben Schläge eingesteckt und ich persönlich einige Ohrfeigen, die Verwarnung hat gut getan", sagte Blatter, bevor er die längst überfälligen Veränderungen ankündigte, um die FIFA vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren.

So wird in Zukunft das neben den Olympischen Sommerspielen wichtigste Sportereignis der Welt nicht mehr im Hinterzimmer-Gemauschel des 24-köpfigen Exekutivkomitees vergeben, das immer wieder von Korruptionsvorwürfen erschüttert wird und dessen Mitglieder Mohamed bin Hammam und Jack Warner zuletzt vorläufig suspendiert wurden. "Es geht jetzt darum, radikale Schritte zu unternehmen und nicht nur kleine kosmetische Verbesserungen", sagte Blatter, der dem Kongress damit mehr Macht zuschanzt und seine "Regierung" erheblich schwächt.

"Das war stark, das war konsequent. Dass in Zukunft der Kongress entscheidet, ist ein Schlag gegen mögliche Korruption. Darüber bin ich sehr froh", sagte das neue Exekutivkomitee-Mitglied Theo Zwanziger. Der DFB-Präsident, Chef des größten Sport-Fachverbandes der Welt, zieht als Nachfolger von Franz Beckenbauer in das vielgescholtene Gremium ein.

Als Blatter, diesmal flankiert von seinem Mediendirektor Nicolas Maingot und Generalsekretär Jerome Valcke, am Mittwoch um 19.30 Uhr vor die Medienschar trat, sortierte er erst einmal einige Papiere in seiner Klarsichtfolie, blickte auf den vor ihm drapierten Fußball und entschuldigte sich für den verspäteten Beginn der Pressekonferenz.

"Wir haben jetzt die Instrumente, die wir brauchen, um neu anzufangen und die Glaubwürdigkeit der FIFA wiederherzustellen", sprach Blatter, nahm bei diesen Worten seine Brille ab und blickte direkt in die Gesichter der Journalisten. Noch zwei Tage zuvor hatte Blatter ein veritables PR-Desaster erlebt, als er sich im Home of FIFA alleine auf dem Podium präsentierte, die Gesprächsrunde aber abbrach, als ihm die Fragen zu unbequem wurden.

Nun bedankte er sich zu Beginn seiner Antworten bei jedem Fragesteller und sonnte sich in seinem Erfolg. Am Donnerstag durfte er sich dann auch noch über ein ganz spezielles Glückwunsch-Telegramm freuen. "Ich bin sicher, dass Sie (...) weiterhin selbstlos diesem wunderbaren Sport dienen werden", schrieb Russlands Regierungschef Wladimir Putin, dessen Land die WM 2018 veranstalten darf.

Deutlich mehr Gegenwind hat Blatter von anderer Seite zu erwarten. Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hat nach der FIFA-Präsidentenwahl "drastische Veränderungen" gefordert und erneut mehr Mitspracherecht der Vereine im Weltverband angemahnt. "Die jüngsten Ereignisse haben einmal mehr gezeigt, dass die FIFA eine Veränderung in ihrer gesamten Struktur braucht", sagte der Vorsitzende der Europäischen Club-Vereinigung (ECA) und forderte Blatter auf, "augenblicklich demokratische und transparente Strukturen einzuführen".

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2011)

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