Fußball-EM: Die größte Baustelle der Fußballwelt

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Symbolbild(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
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Mit dem Spiel Österreichs gegen die Ukraine wurde das EM-Stadion in Lemberg eröffnet. Rundherum bietet sich dem Betrachter allerdings eine riesige Baustelle. Dem Gastgeberland läuft langsam die Zeit davon.

Lemberg. Noch während des Abschlusstrainings wurde im Stadion fleißig gebohrt, gehämmert und geschraubt. Der Baulärm in der Fußballarena von Lemberg (Lwiw), die gestern mit dem Länderspiel gegen Österreich offiziell eröffnet wurde, war unüberhörbar. Einen Namen trägt das von Kränen umringte EM-Stadion auch noch nicht, da lassen sich die Ukrainer nicht hetzen. Rund um die Arena marschieren die Fans auf Lehmboden, die Straßen müssen erst geteert werden. Symptomatisch für das Bild, das der Gastgeber der Europameisterschaft 2012 ein dreiviertel Jahr vor Turnierbeginn abgibt. Mängel an der Infrastruktur sind eines der größten Probleme, die es noch zu lösen gilt.
Die Ukraine will sich von der besten Seite zeigen, aber dem Land läuft die Zeit davon. Auf dem Flughafen in Lemberg rollen noch die Bagger: Das Flugfeld muss verlängert werden, ist für internationale Maschinen einfach zu kurz. Die Österreicher sattelten auf Kleinflugzeuge um, Journalisten und eine Handvoll Fans reisten mit einer Propellermaschine. Bis zum 8. Juni aber soll alles fertig sein. Auch der neue Tower. Vorerst aber machen die Touristen mit dem alten Flughafengebäude Bekanntschaft. Leonid Iljitsch Breschnew lässt grüßen.

Es fehlt an Hotels

Der Staat hat bereits 16 Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert. Vor der WM 2010 hat Südafrika 3,5 Milliarden lockergemacht. Dennoch fehlt es in der Ukraine an den notwendigen Quartieren. Die 80 Hotels, die bis zum kommenden Sommer in den vier EM-Städten Kiew, Charkiw, Donezk und Lemberg gebaut werden sollen, können die noch fehlenden 20.000 Betten wohl kaum bereitstellen. Ausländischen Fans will man daher weniger, nämlich nur 16 statt 20 Prozent der Karten, zur Verfügung stellen. Obendrein sollen zusätzliche Privatunterkünfte angeboten werden. Auch Studentenheime will man umwidmen. In der Universitätsstadt Lemberg kein Problem. Wenn alle Stricke reißen, dann soll eben eine Luftbrücke errichtet und das Shuttleservice ausgebaut werden. Aber der öffentliche Verkehr in der Ukraine ist ein eigenes Kapitel. Wo man hinschaut, staut es sich. Zu jeder Tageszeit. Der Weg vom Zentrum ins Stadion wird zur Geduldsprobe.
Lemberg, Kiew, Charkiw und Donezk wollen sich herausputzen, Ukraines Turnierdirektor, Markiyan Lubkivsky, verspricht die „beste EM aller Zeiten“. Und ergänzt: „Es ist eine riesige Herausforderung, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die Ukraine bereit sein wird. Wir werden unsere Gäste überraschen – und uns selbst wohl auch.“

Massentötung von Hunden

Die Prachtstraße Lembergs, die an der alten Oper vorbeiführt und ein original altes Wiener Kaffeehaus beherbergt, wird generalsaniert. Tonnen von Pflastersteinen kugeln dort herum, die Kälte erschwert die Arbeiten. Verschwunden sind die streunenden Hunde. Die Organisatoren haben kurzerhand zur Massentötung gegriffen, mit diesen brutalen Maßnahmen wollten die ukrainischen Kommunen die Straßen sicherer machen. Der europäische Fußballverband distanzierte sich zwar von derlei Grausamkeiten, ordnete eine Prüfung an, ließ die Massentötungen aber zu.
Die Kosten im Land sind explodiert, einer Umfrage zufolge sind die Ukrainer skeptisch, ob sich die Investitionen auch rechnen. Allein das Stadion in Kiew hat statt 400 letztlich 585 Millionen Euro gekostet, in Donezk hat der neue Flughafen 150 Millionen Euro mehr als geplant verschlungen. „Wir haben noch kleinere Probleme“, meint der ukrainische Verbandschef Grigori Surkis. Die slawischen Tonflöten, die Zozulicas, sind auch schon in Produktion. Sie sind die Antwort auf Südafrikas Vuvuzela. Auch die Armee der Freiwilligen wird damit ausgerüstet. 6000 werden benötigt, 24.000 haben sich beworben. Die Begeisterung ist groß.
Turnierdirektor Markiyan Lubkivsky rechnet mit einem Erfolg auf allen Linien. „Die Europameisterschaft wird uns in vielen Bereichen voranbringen. Und das nicht nur im ökonomischen Sinn. Die EM ist auch ein wichtiger Schritt in Richtung Europa.“

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