Fußball: Spaniens Schuldenmeister

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Die Wirtschaftskrise auf der iberischen Halbinsel hat längst auch die Fußballklubs erreicht. Sechs der insgesamt 20 Erstligisten befinden sich in schweren Nöten. Schon wird über Staatshilfen für Vereine diskutiert.

Madrid. Es sollte ein schillernder Fußballtempel werden: das Nou Mestalla, das neue Stadion des FC Valencia mit Platz für 70.000 Zuschauer. 2007 begannen die Bauarbeiten, zwei Jahre später wurden sie eingestellt – dem Klub drohte die Zahlungsunfähigkeit. 1000 Tage tat sich nichts auf der Baustelle. Seit Ende letzten Jahres rollen die Bagger zwar wieder, doch die finanzielle Situation des Klubs ist nach wie vor prekär. Valencia steht mit 400 Millionen Euro in der Kreide. Der spanische Sparkassenverband „Bankia“ sprang mit einer Bürgschaft von 110 Millionen Euro in die Bresche und erwarb für 250 Millionen Euro das alte Mestalla-Stadion.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf den spanischen Fußball. Die Vereine investieren in millionenschwere Prestigeprojekte, leisten sich teure Spieler und machen leichtfertige „Luftbuchungen“. Der sportliche Erfolg der Mannschaften im internationalen Wettbewerb darf über das finanzielle Fiasko nicht hinwegtäuschen. Selbst Branchenprimus Barcelona ächzt unter einer Schuldenlast von 450 Millionen Euro. Real Madrid geht es nicht besser: Die Hauptstädter drücken Verbindlichkeiten von mehr als einer halben Milliarde Euro – trotz Champions League und Werbeeinnahmen.

Ronaldo, ein Spieler der EZB

Nicht alles, was bei den Königlichen glänzt, ist auch Gold. Die Verpflichtung von Superstar Cristiano Ronaldo, die mit 90 Millionen zu Buche schlug, musste mit einem Kredit finanziert werden. Der Darlehensgeber war auch hier die „Bankia“. Ironie der Geschichte: Die Sparkasse verfügte selbst nicht über ausreichend Liquidität – und musste sich Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen.
So wurden die Währungshüter zum Gläubiger eines Fußballers. Ein kurioses Kreditgeschäft. Rein theoretisch besäße die EZB sogar ein Pfandrecht an dem Spieler – vorausgesetzt, „Bankia“ hätte das Transferrecht als Sicherheit hinterlegt . . .

Was absurd klingt, erklärt die komplexen und teils undurchsichtigen Zahlungsströme im spanischen Fußball. Der Großteil der Ausgaben ist fremdfinanziert. Experten beziffern die Gesamtschuld auf rund 3,5 Milliarden Euro. Sechs der 20 spanischen Erstligisten – Rayo Vallecano, Santander, Betis Sevilla, Saragossa, Granada und Mallorca – sind gegenwärtig in Insolvenzverfahren verwickelt. Ihnen droht der Zwangsabstieg.

„Die Zahlen zeigen, dass der spanische Fußball ein finanzielles Desaster ist“, sagt Wirtschaftsprofessor Jose Maria Gay de Liebana von der Universität Barcelona. Der Analyst vergleicht die Situation mit der Immobilienblase, die 2008 platzte und an deren Folgen das Land noch immer leidet. „Der Fußball ist ein Spiegel der spanischen Wirtschaft. Über Jahre hinweg haben wir über unsere Verhältnisse gelebt und rutschten immer tiefer in die Schulden.“

Mit Saisonbeginn gelten die Financial-Fairplay-Regeln der Uefa. Diese sehen vor, dass Europas Fußballvereine über einen bestimmten Zeitraum nicht mehr Geld ausgeben dürfen als sie einnehmen. Bei einem Verstoß droht der Ausschluss aus europäischen Wettbewerben. Doch ändert es nichts an dem Problem: Die klammen Klubs können sich aus ihrer Not nicht mehr selbst befreien.

Schon wird über Staatshilfen für spanische Vereine diskutiert. Ein „Bail-out“ für den Ballsport? Die Konkurrenz schüttelt nur den Kopf. „Wenn das wirklich so kommen sollte, hätte ich dafür null Komma null Verständnis“, sagt Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Und der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß, sekundiert: „Das ist für mich undenkbar.“ Die deutschen Vereine, die größtenteils solide wirtschaften, erachten Staatshilfen als Wettbewerbsverzerrung.

Niedrige Steuersätze

Schon einmal versuchte der spanische Staat ausländische Spieler mit besonders niedrigen Steuersätzen anzulocken. Nach der „Lex Beckham“ mussten Legionäre ab einem Jahresgehalt von mehr als 600.000 Euro lediglich 24 Prozent Steuern entrichten. Das entsprach dem Satz eines Sozialhilfeempfängers. Obgleich die Regelung auf Druck der Öffentlichkeit 2009 gekippt wurde, hat sie den horrenden Transferausgaben Vorschub geleistet.

Zu den subventionierten Starensembles gehört auch Betis Sevilla. Bereits 2010 meldete der Traditionsklub Konkurs an. Doch offensichtlich hat man die Zeichen der Zeit in Andalusien nicht erkannt. Es mutet wie eine Ungleichzeitigkeit der Ereignisse an, wenn Betis-Spieler in Luxuswägen um das Sportgelände kurven und in Fanshops Rabatte von 70 Prozent gewährt werden. Sollten die Ausgabenexzesse weitergehen, stünden die Klubs wohl bald selbst vor dem Ausverkauf.

Valencia hat diese Entwicklung leidlich miterlebt. Der Verein musste sich von Stars wie David Villa (FC Barcelona), David Silva (Manchester City) und Juan Mata (FC Chelsea) trennen. Mit dem Verkaufserlös von rund 100 Millionen Euro wurden die Schulden für das Stadion getilgt.

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