EM 2016: Ein Land im Ausnahmezustand

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Frankreich bietet für das Großereignis ab 10. Juni Polizei, Militär – und 10.000 Sicherheitsleute auf.

Paris. Zehn Spielorte, 24 Mannschaften, 2,5 Millionen Zuschauer – bei der Fußball-EM setzt das von Terror gezeichnete Frankreich ganz auf Sicherheit. Geprobt wurde mehrmals der Fall, der partout nicht eintreten soll, nein, nicht eintreten darf. Die Anschläge vom 13. November des Vorjahres, die unter anderem das Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland im Euro-Finalstadion Stade de France zum Ziel hatten, werfen einen Schatten auf den nahenden Turnierstart am 10. Juni. Nach dem Willen der Organisatoren soll ein fröhliches und friedliches Fußballfest über die Bühne gehen. Aber die Euro steht vor dem ersten Spiel der Equipe Tricolore am 10. Juni gegen Rumänien jenseits jeder Diskussion um Abseitsregeln, Torkameratechnik oder Titelfavoriten. Sondern en gros steht die Thematik vorerst ganz im Zeichen der Sicherheitsmaßnahmen.

24 Teams, 51 Spiele – 2,5 Mio. Zuschauer

Die Aufgabe für Organisatoren, Polizei, Gendarmerie und Militär ist immens. Die Spielorte sind mit Saint-Denis, Paris, Lens, Lille, Bordeaux, Toulouse, Marseille, Nizza, Lyon und Saint-Etienne über das ganze Land verteilt. Dazwischen pendeln 24 Nationalmannschaften zu insgesamt 51 Spielen. Quartiere der Teams sind ebenso im Blickpunkt wie Hotels der Offiziellen. 2,5 Millionen Zuschaue werden in den Stadien erwartet, rundum eine Vielzahl von Fans und Besuchern in Fanzonen, beim Public Viewing oder in diversen Strandbars. Öffentliche Plätze und wichtige Orte sind in Frankreich seit den Anschlägen ohnehin unter steter Beobachtung. Das alltägliche Straßenbild in Großstädten dürfte manchen Fußballfan verblüffen. Wo sonst auf Plätzen oder Kreuzungen vielleicht mal die Uniform einer Politesse zu sehen war, patrouillieren jetzt regelmäßig schwer bewaffnete Militärs und Polizisten.

„EM ist unsere Antwort auf den Hass“

Laut Innenministerium drehen sich mehr als 50 Übungen um schnelle Reaktionen von Polizei, Feuerwehr und Sondereinheiten, dabei spielen Sicherheitskräfte unterschiedliche Szenarien durch. In Nimes etwa war es eine „schmutzige Bombe“ in einer Fanzone, mit der Bahngesellschaft wurde ein Zwischenfall mit Fangruppen im Zug geübt. Die Regierung wird für die EM und die Tour de France den seit den Anschlägen geltenden Ausnahmezustand verlängern und Sicherheitsorgane mit Sonderrechten ausstatten. Präsident François Hollande versprach maximale Sicherheit, er sagte: „Diese Veranstaltung ist unsere Antwort auf den Hass, auf die Spaltung, auf die Angst, auf den Schrecken.“

Jenseits der Stadien ist das Innenministerium zuständig, an den Spielstätten bleibt die Fußballunion Uefa als Veranstalter am Zug. „Wir nehmen das Thema ernst“, versicherte EM-Chef Jaques Lambert. Pro Spiel sind laut seinen Angaben 900 private Sicherheitsleute dabei, 30 Prozent mehr als sonst üblich. Insgesamt haben die Veranstalter 10.000 private Sicherheitskräfte engagiert.

Eine Kostprobe gab es bei der Begegnung der Franzosen gegen Italien Ende März im Stade de France, dem ersten Fußballspiel dort nach den blutigen Anschlägen vom November. Jeder Besucher musste durch doppelte Sicherheitskontrollen. Ein klares Zeichen setzt auch die Hauptstadt Paris. Dort wird die Fanzone direkt beim Eiffelturm eingerichtet. Den Platz für über 90.000 Personen bezeichnete der konservative Angeordnete Philippe Goujon zwar als „Versuchung für Terroristen jeglicher Couleur“. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo will dort für viele Menschen „eine Party riesigen Ausmaßes – aber gleichzeitig gesichert“. (fin/red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2016)

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