EM-Ausbootung: Benzema ortet rassistische Motive

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Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps habe sich dem Druck im Land gebeugt, erklärte der nicht berücksichtigte Karim Benzema.

Der nicht für die Fußball-EM nominierte Karim Benzema hat schwere Geschütze gegen den französischen Nationalcoach Didier Deschamps aufgefahren. "Er hat dem Druck des rassistischen Teils von Frankreich nachgegeben", sagte der Stürmer von Real Madrid gegenüber der spanischen Sportzeitung "Marca" (Dienstag). Er fühle sich ungerecht behandelt, meinte Benzema.

Deschamps übermittelte am Dienstag seinen endgültigen EM-Kader an den Kontinentalverband UEFA. Dass Benzema wie erwartet nicht unter den 23 Akteuren war, war im Einvernehmen mit Verbandschef Noel Le Graet bereits vor Wochen beschlossen worden.

Hintergrund ist seine Verwicklung in die Erpressung von Nationalteam-Kollege Mathieu Valbuena. Dieser war im Juni mit der Veröffentlichung eines Sex-Videos bedroht worden, falls der Profi von Olympique Lyon nicht 150.000 Euro zahlt. Benzema wird der Komplizenschaft mit den Haupttätern beschuldigt.

Der allgemeinen Stimmung gebeugt

Deschamps und Le Graet hatten Mitte April von einer möglichen Gefahr für die interne Harmonie und einer negativen Vorbildwirkung nach außen gesprochen, falls Benzema zum Team zurückgeholt werde. Im Interview mit der "Marca", das auszugsweise auf der Webseite der Zeitung veröffentlicht wurde, spielte der aktuell treffsicherste Stürmer der "Equipe Tricolore" (27 Tore in 81 Länderspielen) diese Argumente herunter.

"Ich weiß nicht, ob es die alleinige Entscheidung von Didier war, denn ich verstehe mich gut mit ihm, mit dem Präsidenten und mit allen", sagte der 28-Jährige. Er glaube nicht daran, dass die Entscheidungsträger plötzlich das Vertrauen in ihn verloren hätten. Vielmehr hätten sich diese einer allgemeinen Stimmung im Land gebeugt, die sich etwa in den jüngsten Wahlerfolgen der Front National zeige, die er für eine "extremistische Partei" hält.

"Auf sportlicher Ebene kann nicht verstehen warum. Und auf juristischer Ebene bin ich noch nicht verurteilt und es wird meine Unschuld angenommen", betonte Benzema, der weiterhin für die Nationalmannschaft spielen möchte. In der Erpressungs-Causa um Valbuena, der ebenfalls nicht im EM-Kader steht, äußerte sich Benzema kryptisch: "In dieser Geschichte ist die einzige Person, die die Wahrheit kennt, Valbuena. Er hat eine Rolle gespielt, er hat nicht die Wahrheit gesagt."

"Armselige Attacken"

Der französische Sport-Staatssekretär Thierry Braillard bezeichnete die Aussagen in einer ersten Reaktion auf Twitter als "ungerechtfertigt und inakzeptabel". "Der Umstand, dass die Probleme des Landes permanent auf Fragen von Rasse, Religion, ethnische Gruppen und Gemeinden zurückgeführt werden, ist kein erfreulicher Zustand", meinte der frühere konservative Premierminister Francois Fillon in einem RTL-Interview.

Mit Hatem Ben Arfa wurde ein weiterer aussichtsreicher Kandidat für einen Stürmer-Posten im Kader von Deschamps nicht nominiert. Der frühere französische Nationalstürmer Eric Cantona hatte vor wenigen Tagen in einem Artikel des "Guardian" unterstellt, dass die Entscheidungen des Trainers mit der "nordafrikanischen Herkunft" von Ben Arfa und Benzema zu tun hätten. Le Graet bezeichnete die Vorwürfe als "dumm" und nannte sie "armselige Attacken".

(APA/AFP)

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