Österreich gegen Portugal: Das große Glück im Prinzenpark

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Österreich ist gegen Portugal klar unterlegen, erkämpft sich aber mit viel Fortune ein 0:0. Die Aufstiegschance lebt.

Österreichs Nationalmannschaft darf weiterhin mit dem Aufstieg in das Achtelfinale der Europameisterschaft spekulieren. Möglich macht dies ein torloses Remis gegen Portugal Samstagabend im Pariser Prinzenparkstadion. Mit einem Sieg gegen Island am Mittwoch wäre das ÖFB–Team zumindest Gruppendritter.


Schon Stunden vor dem Anpfiff hatten sich wie zum Auftaktspiel gegen Ungarn in Bordeaux tausende österreichische Fans in der Stadt eingefunden. Sie belagerten Cafés, belebten Parks wie den Jardin du Luxembourg – und natürlich waren sie auch in der Champs Elysées zu finden. Die Enttäuschung gegen die Magyaren mag zwar manche Illusion zerstört haben, die Sehnsucht nach einem rotweißroten Fußballfest in Frankreich war aber ungestillt groß. Vor dem Stadion fragten Fans verzweifelt nach Tickets. Es waren fast ausschließlich Portugiesen, sie hatten bei der Kartenverlosung der Uefa kein Glück. In Frankreich leben mehr als eine Million Menschen portugiesischer Herkunft, die Mehrheit von ihnen im Pariser Großraum.

Die Ronaldo-Show

Beide Mannschaften – Portugal kam gegen Island nicht über ein 1:1 hinaus – versprachen für dieses Spiel Besserung, sie stellten dafür auch personell um. Österreich war dazu mitunter gezwungen. Prödl ersetzte in der Innenverteidigung den gesperrten Dragovic, Ilsanker vertrat den verletzten Junuzovic. Und Sabitzer bekam den Vorzug gegenüber Janko. Letzterer war gegen Ungarn ein Totalausfall, so wie auch Harnik, der allerdings erneut das Vertrauen ausgesprochen bekam und an vorderster Front anstelle von Janko stürmte. Koller wollte damit einen „kleinen Überraschungseffekt“ herbeiführen.

Bei den Portugiesen rückten Quaresma und William Carvalho in die Startelf. Die meisten Augen waren aber weder auf Ilsanker noch Quaresma gerichtet, sondern – natürlich – auf Cristiano Ronaldo. Der 31-Jährige wirkte schon beim Aufwärmen aufgezuckert, nach dem Abspielen der Hymne grinste er in die TV-Kamera, ballte die Faust gen Tribüne. Ronaldo, ein Meister der Selbstdarstellung.


Dann endlich der Anpfiff. Die Österreicher hatten sich so viel vorgenommen, wollten so viel besser machen als im ersten Spiel – und begannen gut. Nach einer Flanke von Sabitzer fehlten Harnik nur Zentimeter, um richtig an den Kopfball zu gelangen. Ronaldos Sprungkraft (78 Zentimeter bei kurzem Anlauf) hätten genügt. Anschließend war die ÖFB-Equipe offensiv unglaubliche 38 Minuten nicht mehr präsent, fiel dadurch aber durch erneute Unachtsamkeiten auf. Nach einem misslungenen Tackling von Prödl gegen Nani stürmte der flinke Angreifer auf Almer zu, der glänzend parierte. Sekunden später entschärfte der ÖFB–Schlussmann einen Schuss von Vieirinha.


Die Chancen der Portugiesen häuften sich in einem äußerst problematischen Ausmaß. Ronaldo, sträflich allein gelassen, schob den Ball am Tor vorbei (22.). Nani wurde die Stange zum Verhängnis (29.). Österreich hatte keinerlei Zugriff auf dieses Spiel, konnte den Ball nie sichern. Es war bezeichnend, wie oft Almer angespielt werden musste, weil es an Alternativen fehlte. Einmal endete dies beinahe im Fiasko: Hinteregger passte aus drei Metern zu Almer, der schoss wiederum Hinteregger an, der Ball landete zum Glück im Aus (19.) – ein Raunen ging durch das Publikum. Kollers Mannen leisteten sich unerklärliche Ballverluste, man vermisste die Ruhe im Spiel, die so wichtig ist, um Entlastung zu schaffen und Gegenstöße zu lancieren.

Erst in der 41. Minute war Rotweißrot, das in Weißschwarz spielte, wieder im gegnerischen Strafraum präsent: Freistoß Alaba, doch Vieirinha klärte vor Harnik. 0:0 zur Pause, der Fußball-Gott meinte es gut mit Österreich.

Gestatten, Almer

Die zweite Halbzeit begann mit einem Lebenszeichen des Weltranglistenzehnten: Ilsankers versuchte sich aus der Distanz. Es war der ersten Torschuss der Österreicher, die sogleich wieder in die Rolle des Unterlegenen schlüpften. Innerhalb einer Minute stellte sich Ronaldo zwei Mal bei Almer vor – oder eigentlich umgekehrt. Nach diesem Spiel kennt der Superstar aus Madeira den 32-Jährigen aus Bruck/Mur. Nach 65 Minuten erlöste Koller den abermals enttäuschenden Alaba.

Ronaldo drohte doch noch seinen Frieden mit Almer und diesem Spiel zu finden. Nach klarem Foul von Hinteregger an "CR7" gab es Elfmeter: Almer flog in die falsche Ecke, Ronaldo aber traf nur die Stange (79.). Österreich brachte das 0:0 über die Zeit. Der Schlusspfiff war eine Erlösung.

("Die Presse", Printausgabe 19.6.2016)

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