Ronaldo, der traurigste Mann auf dem Platz

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Für Cristiano Ronaldo lief es im Rekordländerspiel gar nicht nach Wunsch. Die österreichischen Fans spotteten mit Messi-Gesängen.

Paris/Wien. Cristiano Ronaldo ist bekannt für seine ausdrucksstarke Mimik, die weinerliche Miene, die jede seiner vergebenen Chancen begleitet, wurde gegen Österreich zum Sinnbild. Ausgerechnet in seinem Rekordländerspiel – mit seinem 128. Einsatz löste er Luís Figo als alleinigen Rekordhalter ab – avancierte der Torjäger von Real Madrid zur tragischen Figur. „So habe ich mir das nicht vorgestellt“, sagte der 31-Jährige. „Wir haben gut gespielt und viele Chancen gehabt, haben sie aber nicht verwertet. So ist Fußball.“

Portugals Kapitän hatte gegen Österreich ebenso wie seine Teamkollegen kein Glück im Abschluss. 20 Schüsse hat Ronaldo in bisher 180 EM-Minuten schon abgegeben, doch nicht einmal vom Elfmeterpunkt wollte der Ball ins Tor. Es war bereits sein fünfter verschossener Strafstoß in dieser Saison (zwei für Portugal, drei für Real Madrid), womit er 2015/16 nur drei von achtmal getroffen hat – die schlechteste Quote seiner Karriere.

Frust und Verzweiflung stiegen bei Ronaldo mit jeder Minute, die verstrich, die Gesänge der österreichischen Fans dürften seine Laune nicht unbedingt gehoben haben. „Messi, Messi“, erklang es immer wieder von den Rängen, der Name des argentinischen Erzrivalen ist für den Portugiesen ein echtes Reizwort. „Das Schlechte wird nicht bleiben. Wir müssen weiter daran glauben“, beteuerte Ronaldo. „Ich bin mir sicher, dass wir uns spielerisch steigern und ins Achtelfinale kommen.“

Teamchef Fernando Santos zeigte sich nach der Partie überrascht vom extrem defensiven Auftreten der Österreicher. „Ich habe geglaubt, sie würden versuchen, das Spiel zu dominieren und mehr anzugreifen. Aber das haben sie nicht getan“, sagte der 61-Jährige. „Obwohl Österreich eine gute Mannschaft ist, haben sie auf ihre Konter vertraut.“ Dafür, dass sich seine Mannschaft wie schon gegen Island schwertat und im Abschluss versagte, hatte er hingegen keine Erklärung. „Im Fußball gibt es keine Gerechtigkeit im Bezug auf die Ergebnisse. Wir dürfen uns jetzt nicht unserem Unglück ergeben. Es sind harte Zeiten, aber wir müssen das Ruder herumreißen.“

Allerdings ist sich Santos bewusst, dass das Toreschießen im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn am Mittwoch nicht leichter werden wird. „Ungarn wird mit einem Remis sehr zufrieden sein. Wir müssen diese Mauern aber einreißen“, erklärte Santos. „Es wird unser erstes Finale.“

Trotz des bitteren Abends bewies Ronaldo nach dem Schlusspfiff Größe. Ein portugiesischer Fan war auf das Feld gesprintet – die Sicherheitskräfte versagten einmal mehr – und wollte ein Selfie mit dem Star. Als der Mann die Handykamera nicht sofort aktivieren konnte, bat Ronaldo die Ordner um Geduld. Nach gelungenem Erinnerungsfoto wurde der Mann abgeführt, den portugiesischen Verband erwartet dafür eine Geldstrafe. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2016)

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