Die zwei Gesichter eines Superstars

Portugal Training - EURO 2016
Portugal Training - EURO 2016(c) REUTERS (GONZALO FUENTES)
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Positive und negative Schlagzeilen wechseln sich bei Cristiano Ronaldo ab. Bisher überwog das Ronaldo-Bashing.

Lens/Wien. Zuerst bemühte Cristiano Ronaldo eine Phrase. „Wir treffen auf eine sehr gute Mannschaft, die Chancen stehen 50:50“, erklärte er vor dem Achtelfinalduell gegen Kroatien. Dann der Nachsatz: „Aber auch wir haben unsere Waffen und unseren Wert.“ Damit hat sich Ronaldo selbst gemeint. Denn seit er Portugal beim denkwürdigen 3:3 gegen Ungarn praktisch im Alleingang in die K.-o.-Runde geschossen hat, ist er auch sportlich im Turnier angekommen.

Davor hatten seine Auftritte in Frankreich eher Anlass zu Spott und Häme gegeben. Unzählige Schüsse, aber kein Tor, harmlose Freistöße, gegen Österreich sogar ein verschossener Elfmeter. Außerdem seine ungeschickte Reaktion auf das 1:1 gegen Island („Sie haben nur verteidigt. Das zeugt von kleiner Mentalität.“) und ein kurioser Ausraster während eines Spaziergangs, als er einem portugiesischen Reporter das Mikrofon entriss und in den Teich nebenan warf. Dazu die Klassiker: zu viel Pflegeprodukte im Haar, zu breitbeinige Pose, zu viel Eigensinn.

Doch dann sicherte Ronaldo seinem Team mit zwei Toren gegen Ungarn den Aufstieg in die K.-o.-Phase. Nach seinem ersten Treffer – ein Geniestreich mit der Ferse – wurde er aber wieder dargeboten, der aus der Champions League bekannte, übertriebene Ronaldo-Jubel. Dabei war lediglich in höchster Not der Ausgleich gegen Underdog Ungarn (Ronaldos Marktwert beträgt mehr als das Vierfache des gesamten ungarischen 23-Mann-Kaders) gelungen.

Auch wenn gern bemängelt wird, Ronaldo bessere sein beachtliches Torkonto vor allem gegen Außenseiter auf, dieses Mal war er in einer wichtigen Partie zur Stelle. Wenige Minuten später aber schon der nächste Wirbel. Als Mann des Spiels musste er zur Pressekonferenz, beantwortete aber dort keine Fragen – auf Anordnung der Uefa, meinte Ronaldo. Glauben wollte ihm das niemand. Die Kritiker hatten einen weiteren Beweis seiner Arroganz. Sympathisanten hingegen verweisen auf seine Kindheit in ärmlichen Verhältnissen. Tatsächlich gibt Ronaldo Millionen für wohltätige Zwecke aus, während sich zahlreiche Mitstreiter wegen Steuerdelikten erklären müssen.

Turnier der letzten Chance

Ronaldos Spielstärke ist ein Resultat seiner Athletik. Mittlerweile ist der Superstar allerdings 31 Jahre alt. Die EM ist die vielleicht seine letzte Chance auf einen Titel im Teamtrikot. Spielt Portugal aber schlecht, muss natürlich Ronaldo herhalten. Seit Jahren ist das schon so, mit 17 Partien ist er inzwischen EM-Rekordspieler. Dementsprechend groß ist der Druck, der auf seinen (breiten) Schultern lastet, er erklärt wohl auch den einen oder anderen Fauxpas in Frankreich.

Für ein Selfie mit einem Flitzer war Ronaldo aber sogar nach dem bitteren 0:0 gegen Österreich zu haben. Und nach der unrühmlichen Ungarn-Pressekonferenz hat er in der Mixed-Zone Humor bewiesen. „Vorsicht mit den Mikros“, warnte Ronaldo die Reporter. Gesprochen habe er aber nur mit unkritischen Medien, heißt es.





Kroatien: 23 Subašc; 11 Srna, 5 Ćorluka, 21 Vida, 3 Strinić; 10 Modrić, 19 Badelj; 14 Brozovic, 7 Rakitić, 4 Perišić; 17 Mandzukić.

Portugal: 1 Rui Patricio; 11 Vieirinha, 3 Pepe, 6 R. Carvalho, 5 Guerreiro; 10 Mario, 14 W. Carvalho, 8 Moutinho, 15 A. Gomes; 17 Nani, 7 Ronaldo.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2016)

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