Frankreich gegen Irland: Griezmann erlöst den Gastgeber

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EM-Gastgeber Frankreich mühte sich gegen ein unbekümmert aufspielendes Irland. Erst ein Doppelpack von Griezmann fixierte den 2:1-Sieg.

Was wäre denn ein Fest ohne den Gastgeber? Die Equipe Tricolore konnte das Aus im Achtelfinale der Fußball-EM gegen Irland noch abwenden. Dem zögerlichen Auftritt und dem 0:1-Rückstand nach den ersten 45 Minuten folgte im Finish ein Offensivspektakel. Das Team von Didier Deschamps siegte verdient mit 2:1 gegen zehn Iren.

Antonie Griezmann rettete Frankreich dabei mit zwei Treffern (58., 61.), er zog damit in der Schützenliste mit Gareth Bale und Alvaro Morata (jeweils drei Tore) gleich. Im Viertelfinale trifft Frankreich am Sonntag auf den Sieger des Duells England gegen Island.

Robbie Brady hatte Irland mit dem 1:0 gegen Italiens eben erst ins Achtelfinale geschossen, schon stand der Norwich-Spieler nach nur 60 Sekunden wieder im Rampenlicht. Paul Pogba brachte Shane Long ungeheuer „patschert“ im Strafraum zu Fall, Referee Rizzoli zeigte auf den Elfmeterpunkt und Brady verwandelte dank der Mithilfe der Innenstange zum 1:0 (2.).

Revanche für Henrys Hands?

Das EM-Märchen der „Boys in Green“ schien sich fortzusetzen. Beim dritten Kontinentalturnier nach 1988 und 2012 will sich Irland, dass ausschließlich auf Legionäre aus der englischen Premier League und Championship setzt, behaupten; und die Laufrichtung stimmte. Sie spielten frei auf und der Wunsch, sich für Thierry Henrys Handspiel und das 1:2 im WM-Playoff 2009 zu revanchieren, wirkte als Antrieb. Hätte Murphy (21.) besser gezielt, die Gastgeber wären früher geschlagen gewesen, Keeper Lloris aber parierte.

Irland zeigte keine Angst, Brady hatte das lauthals angekündigt. „Wenn wir ein großes Spiel liefern, schlagen wir auch die Franzosen!“ Und kam der Ball, zumeist nur aus Standards doch bis Torhüter Darren Randolph, behielt der West-Ham-Keeper Ruhe und Übersicht.

Fehlpässe von Rami, der unbedrängt ins Out schoss, zeigte die Nervosität der Franzosen. Teamchef Didier Deschamps nahm auch drei Veränderungen vor, wollte Offensive sehen, brachte die gelb-belasteten Kanté und Giroud, der lange enttäuschte wie Pogba oder Griezmann. Als Kanté schließlich Gelb (27.) sah und klar war, dass er (wie später auch Rami) in einem möglichen Viertelfinale fehlen würde, wurden erstmals Zweifel im Lager der Franzosen deutlich.

Spielerisch waren die Gastgeber freilich besser, mit dem Ball schneller, nur die Iren spielten geschickt, vif und kompromisslos. Sie verteidigten, räumten hohe Bälle ab, und waren mit Kopfbällen (Duffy, 41.) präsent. Als Payet und Griezmann (45.) scheiterten, weil sie sich in den Abwehrspielern verfingen, hallte ein Raunen auf. Begleitet von Pfiffen – und Applaus.

Ein Fest auf den Rängen

„Stand up for the Boys in Green, stand up!“ Auf Rängen feierten die Eire-Fans ein Fest. So ausgelassen intensiv, wie sie es bereits während der ganzen EM vorgezeigt hatten mit Songs für Nonnen, Babys oder die Polizei. Fast täglich waren neue Videos von ihren Charme-Offensiven für Nonnen, Babys oder Polizisten aufgetaucht.

Nach Wiederbeginn begann aber die Offensive der Franzosen (mit Coman für Kanté). Doch Flanken fielen zuerst noch zu hoch und unpräzise aus. Die Iren verteidigten mit allen Mitteln ihrer Kunst, rangen aber theatralisch früh um jede Sekunde. Waren Chancen bei dieser EM bislang Mangelware, wurde man in diesem Spiel tatsächlich verwöhnt. Koscielny (48., Abseits), McClean (49.) oder Matuidi, (55.) sorgten mit Schüssen und Kopfbällen für breite Unterhaltung.

Die Erlösung Frankreichs ließ nicht länger auf sich warten, Antworten lieferte Antonie Griezmann. Der Atlético-Star stand erstmals im Strafraum richtig und donnerte den Ball per Kopf ins irische Tor: 1:1 (58.). Wenige Minuten später erhärtete sich der Charaktertest der Gallier, Giroud spielte seinen Angriffspartner optimal frei, von Irlands Abwehr sträflich vernachlässigt. Er traf vollkommen unbedrängt zum 2:1 (61.).

Mit seinem insgesamt dritten EM-Treffer drehte Frankreich die Partie binnen drei Minuten. Es spielte entfesselt, befreit von der Last, treffen zu müssen. Ein Traumpass von Pogba spielte Griezmann frei, der aufs Tor laufen wollte, aber von Duffy (65.) schwer gefoult wurde, der dafür die erste Rote Karte der EM kassierte. Gignac traf noch die Latte (76.).
Mit nur zehn Mann waren die Iren letztendlich machtlos, ihr Abenteuer endete im EM-Achtelfinale. Nur die Choräle ihrer Fans verstummten nicht – man wird sie noch schmerzlich vermissen.

(fin)

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