Belgien: Die Beschleunigung der Roten Teufel

Der spektakulärste Torjubel dieser EM: Nach dem 2:0 hob der Belgier Michy Batshuayi zum Freudensprung ab.
Der spektakulärste Torjubel dieser EM: Nach dem 2:0 hob der Belgier Michy Batshuayi zum Freudensprung ab.(c) REUTERS (Sergio Perez)
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Der EM-Titelanwärter überzeugte beim 4:0 über Ungarn, speziell Eden Hazard und Kevin de Bruyne spielten sich in einen regelrechten Rausch. Im Viertelfinale erwartet die Belgier gegen Wales im grenznahen Lille ein halbes Heimspiel.

Toulouse. Es war ein Spiel wie auf einer schiefen Ebene, dieses Achtelfinale zwischen Belgien und Ungarn Sonntagabend in Toulouse. Immer wieder lancierten die Belgier ihre Angriffe, sie waren ansehnlich und gefährlich zugleich. Aus einem starken Kollektiv stach ein Mann besonders hervor: Eden Hazard. Der Kapitän agierte trickreich, spielte immer wieder seine Schnelligkeit aus. Die Übersicht des 25-Jährigen sucht ohnehin ihresgleichen. Hazard beim Spielen zuzusehen war ein Genuss. Die belgische Tageszeitung „Le Soir“ schrieb über ihn: „Der Kapitän der Teufel war himmlisch.“

Das 4:0 über Ungarn mag zwar etwas zu hoch ausgefallen sein, dennoch imponierte die Vorstellung des Weltranglistenersten. Kombinationen, Abschlüsse, konsequent in den Zweikämpfen: Belgien gefiel bei dieser EM erstmals als potenzieller Titelkandidat. Gegen die limitierten Ungarn spielte das Duo Kevin de Bruyne/Eden Hazard so auf, wie Fans und Medien es schon eher erhofft und erwartet hatten. Den überfallartigen Tempo-Dribblings hatten die Ungarn nichts entgegenzusetzen. Wie aufgedreht stürmten sie über das Feld. Allein die Chancennutzung ließ in diesem Spiel lange Zeit zu wünschen übrig.

Die Kritiker verstummen

Teamchef Marc Wilmots war angetan, er träumte nach Schlusspfiff sogar schon von einem möglichen Endspiel gegen Deutschland. „Das würde mich nicht stören, es wäre genial. Sie spielen ein ähnliches System.“ Die Stimmung in Belgien ist schnell umgeschlagen, der verpatzte Turnierauftakt gegen Italien hatte Kritiker auf den Plan gerufen. Diese sind – zumindest vorübergehend – wieder verstummt. „Es gibt ein paar Miesmacher, wir haben den Deckel draufgemacht“, sagte Wilmots. Doch noch, diesbezüglich sind sich alle Belgier einig, habe man nichts erreicht. Mit dieser goldenen Generation an Fußballern müsse nach dem Höchsten gestrebt werden. Im Viertelfinale baut sich am Freitag (21 Uhr, live in ORF eins) Wales als Gegner auf, der Spielort lässt auf ein halbes Heimspiel schließen: Lille ist nur 20 Kilometer von der belgischen Grenze entfernt. „Das ist super für das ganze Land“, lächelte De Bruyne.

Für Hazard ist es aus einen speziellen Grund ein ganz besonderes Spiel. Die Offensivkraft hat vier Jahre für OSC Lille Vorlagen geliefert und Tore geschossen, insgesamt 147 Partien für die Franzosen bestritten. 2012 folgte der Wechsel zum FC Chelsea. „Es ist ein großes Glück, da zu spielen“, schwärmte Hazard. „Ich kenne die Stadt, habe riesige Lust darauf. Es wird eine große Party.“

Walisische Warnung

Gegen Wales muss Belgien jedenfalls umstellen. Abwehrchef Thomas Vermaelen ist für das Viertelfinale gesperrt, auf die Verteidigung dürfte ohnehin mehr Arbeit warten als gegen Ungarn. Mit Gareth Bale und Aaron Ramsey verfügen die Waliser über zwei herausragende Akteure, die der belgischen Hintermannschaft schon in der Qualifikation für Frankreich große Sorgen bereitet haben. In Belgien trennten sich die beiden Teams torlos, beim Retourspiel siegte Wales 1:0. Torschütze: Bale. „Das ist eine schwierige Mannschaft“, gab De Bruyne zu Protokoll und konkretisierte seine Meinung. „Sie stehen sehr kompakt mit einem guten Spieler vorne.“ Wen er damit meinte, lag auf der Hand.

Aber nicht nur Belgiens Defensivverbund wird am Freitag gefordert sein: Die Offensive hofft auf ein Feuerwerk wie gegen Ungarn, nachdem in der Qualifikation 180 Minuten nicht ausreichten, um gegen Wales zu treffen. De Bruyne gab sich selbstbewusst: „Wir werden das Spiel gewinnen.“ (cg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2016)

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