Deutscher EM-Triumph 1996: Golden Goal für die Ewigkeit

Oliver Bierhoff bejubelt das Siegtor
Oliver Bierhoff bejubelt das Siegtor(c) REUTERS (� Reuters Photographer / Reuter)
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Vor 20 Jahren sorgte Oliver Bierhoff mit seinem Tor in der Nachspielzeit gegen Tschechien für den dritten deutschen EM-Titel. Danach war Bierhoff „einfach in einem Rausch, es brannten alle Sicherungen durch“.

Evian-les-Bains. Ein Jubiläumstörtchen oder eine extra Erinnerungsstunde an den bisher letzten deutschen EM-Triumph vor fast exakt 20 Jahren hat es im Quartier der deutschen Nationalmannschaft in Frankreich am Donnerstag nicht gegeben. „Ich bin froh, wenn ich es nicht höre“, scherzte Teamchef Joachim Löw. „Oliver Bierhoff erzählt es bei jeder Gelegenheit. Oft genug – an diesem Tag gehe ich ihm aus dem Weg.“

Das machte Löw natürlich nicht. Denn irgendwie sind die Erinnerungen an den Siegeszug im Sommer 1996 auch ein Ansporn für Manuel Neuer und Co., nach so langer Zeit endlich den vierten europäischen Titel nach Deutschland zu holen. „So richtig erinnere ich mich gar nicht“, sagte der jetzige Nationalmannschaftsmanager Bierhoff über jenen 30. Juni. „Ich hatte noch gar nicht die Erfahrung, das bewusst aufzunehmen, wenn so etwas ganz plötzlich passiert. Man war einfach in einem Rausch.“

Zwei Jahrzehnte zuvor im Londoner Wembley-Stadion beschrieb der Finalschütze die Minuten des Triumphes so: „Als ich das 2:1 geschossen hatte, dachte ich, mein Gott, das Spiel ist ja aus.“ Erst mit Verzögerung wurde ihm der historische Moment bewusst. „Da brannten bei mir alle Sicherungen durch.“ Andreas Köpke, heute Torwarttrainer im DFB-Team, war auch einer der EM-Helden von 1996. „Keiner wusste so recht, ob es nicht doch abseits gewesen ist“, erinnerte er sich am Mittwoch in ?vian-les-Bains: „Dann war nur noch Jubel. Wir sind übereinander hergeflogen.“

Ein kleines Fußballwunder

Die ganze Tragweite für die Fußballgeschichte begriff Bierhoff erst lang danach. Das Golden Goal, das in einer Finalverlängerung das sofortigen K. O. für den Gegner bedeutete, wurde wenig später wieder abgeschafft. Dazu darf der Triumph der deutschen Mannschaft mit dem 2:1 in der Finalverlängerung gegen Tschechien am 30. Juni 2016 getrost als Kunststück gewertet werden nach einem Turnier der Leiden. Jürgen Kohler, Mario Basler, Fredi Bobic, Jürgen Klinsmann, Steffen Freund, Thomas Helmer, Marco Bode und Christian Ziege meldeten sich wegen Verletzungen ganz oder teilweise ab. Stefan Reuter und Andreas Möller waren im Finale gesperrt. Zwei Tage vor dem Endspiel trainierte Teamchef Berti Vogts mit nur noch acht gesunden Feldspielern, sodass mit einer Sondergenehmigung der Uefa über Nacht Jens Todt nach London beordert wurde. Dieter Eilts erwischte es noch gegen Tschechien am Knie.

Der inzwischen 54-jährige Köpke hielt im Halbfinale gegen England den letztlich entscheidenden Elfmeterversuch von Gareth Southgate. Ersatzmann Bierhoff, heute 48, köpfelte im Finale erst den Ausgleich. Dann kam jene 95. Minute: Eine Flanke von Klinsmann nahm Bierhoff mit dem Rücken zum Tor an, drehte sich und bugsierte den Ball ohne zu überlegen Richtung tschechisches Tor. Keeper Petr Kouba ließ ungeschickt passieren. „Der Andy Köpke, der wollte mich gar nicht mehr loslassen“, schilderte Bierhoff. Doch viel wichtiger ist den Helden von damals die nähere Zukunft. „Es wird Zeit, dass mal der nächste Titel dazukommt“, sagte Köpke: „Ich würde mir wünschen, dass wieder ein Spieler reinkommt und das Spiel entscheidet.“

(dpa)

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