Euro 08: Ringstraße wird ab Montag gesperrt

(c) APA (Georg Hochmuth)
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Ab 2. Juni ist der Ring für ein Monat gesperrt. Kommt der Stau? Und die Parkplatz-Not? Verkehrsexperte Paul Pfaffenbichler sieht Schwächen bei den Öffis und bei der Information.

Wien. Wer in diesen Tagen am Ring vorbeifährt, sieht schon, was dort entstehen wird: eine richtig große Baustelle, der die Autofahrer ab kommendem Montag Tribut zollen müssen. Denn um exakt 0.45 Uhr am 2. Juni wird - nach Arbeiten an der Bodenmarkierung in den Nächten davor - die Ringstraße von der Babenbergerstraße bis zur Schottengasse wegen des Aufbaus der Fanmeile gesperrt.

Der Verkehr wird dann über Museumstraße, Landesgerichtsstraße umgeleitet. Gleichzeitig werden die Ring-Straßenbahnlinien 1 und 2 zusammengefasst und nur zwischen Schottentor und Karlsplatz geführt. All diese Änderungen dauern bis 4. Juli, also etwa ein Monat. Wie lange es jedoch dauert, bis sich der Wiener Auto-Verkehr an die Umleitung angepasst haben wird, ist offen. „Leichte Irritationen" zu Beginn erwartet jedenfalls Verkehrsstadtrat Rudi Schicker (S), der gestern, Montag, die Letztfassung des Wiener Verkehrskonzepts präsentierte. Übersetzt heißt das: Mit Staus ist zu rechnen. Trotz 50 Polizisten, die am Montag bereit stehen werden.

Dass die Staus drastische Ausmaße annehmen, glaubt aber auch Paul Pfaffenbichler vom Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der Technischen Universität nicht. Maximal ein bis drei Tage, schätzt der Experte, der für die „Presse" das Wiener Verkehrskonzept beurteilte, werde es brauchen, bis sich die Lenker an die neue Route gewöhnt haben: „Der Individualverkehr passt sich gewöhnlich sehr schnell an."

U2-Station zu nah am Stadion

Obwohl es schneller gegangen wäre. Denn für Pfaffenbichler weist der Wiener Plan (sein Resümee: „Es wird kein Chaos geben, aber das Konzept begeistert mich auch nicht") doch einige Schwachstellen auf. Vor allem:

- Zu wenig Bewusstseinsbildung: Die Ankündigungen der Sperren, Umleitungen und die Aufrufe zur Benutzung des öffentlichen Verkehrs kämen zu spät. „In Berlin gab es im Vorfeld zur WM dazu mehrere Veranstaltungen." Die Chance, die Wiener anlässlich der Euro nachhaltig auf öffentlichen Verkehr und Radfahren einzuschwören - wie das etwa in der deutschen Hauptstadt gelungen sei - sei vertan.
Auch nicht mehr zu ändern ist der Standort der neuen U2-Station „Stadion", die Pfaffenbichler zu nahe an der Fußballarena ist. Dadurch fehle eine Pufferzone, wenn nach Spielende die Fans zur U-Bahn strömen. Auch Peter Gattermann, Direktor Österreichischen Instituts für Schul-und Sportstättenbau, das bei der Konzeption mitwirkte, sagt: „Prinzipiell wäre es gut, wäre die Station etwas weiter entfernt. Die jetzige Lösung wird aber funktionieren."

- Falls übrigens etwas gröber nicht funktioniert, z. B. die U2 ausfällt, ist der alte Stadion-Zubringer, die Straßenbahnlinie 21, noch betriebsbereit. „Ich verstehe nicht", sagt Pfaffenbichler, „warum man die beiden Linien während der EM nicht parallel führt." Die Wiener Linien begründen dies unter anderem so: Es sei zu verwirrend. Insgesamt werden die U-Bahnen während der Euro merkbar öfter fahren: Tagsüber wird sich das Angebot um ein Viertel, nachmittags und abends rund um Stadion und Fanzone um die Hälfte erhöhen. Und auch zeitlich wird der Verkehr ausgedehnt: Während der EM wird die Betriebszeit der U-Bahnen auf 1.30 Uhr nachts ausgedehnt, die einiger Straßenbahnen auf 1.15 Uhr. Trotzdem glaubt Pfaffenbichler: „An Spieltagen wird es beim Stadion eng werden."

- Gilt das auch für den Autoverkehr? Den sieht der TU-Experte - anders als die Wiener Grünen, die ein Parkplatz-Chaos beim Stadion befürchten - verhältnismäßig entspannt. Immerhin 30.000 Kroaten, so lautet die Prognose der Stadt, werden per Auto nach Österreich reisen und „noch viel mehr Deutsche und Polen". Untersuchungen aus Berlin, erklärt Pfaffenbichler, hätten jedoch gezeigt, das nur ein kleiner Teil direkt mit dem Auto zum Stadion fährt. Die vorhandenen 6200 Stellplätze sollten, so meint er, ausreichen. Eine dramatische Belastung für die Anrainer sieht er nicht: „Es gibt ja im zweiten Bezirk Parkraumbewirtschaftung." Auch für die Anrainer der Ersatz-Fanzone in Hütteldorf, im Hanappi-Stadion, gibt er Entwarnung - aus anderem Grund: „Viele der ausländischen Gäste werden nicht dorthin finden. Oder nicht erfahren, wenn dort kurzfristig eine Fanzone eingerichtet wird." Theoretisch stünden, neue Park & Ride-Anlage eingerechnet, knapp 2000 Parkplätze zur Verfügung.

Werden Busse überschätzt?

Interessant ist, dass man in Wien damit rechnet, dass viele Fans organisiert per Bus zum Stadion kommen: 400 Stellplätze sind bereit. In Berlin, dessen Stadion auch gut öffentlich angebunden ist, war das allerdings kaum der Fall.

Schwer abzuschätzen - und das für alle - sind Staus, wenn auf der Südosttangente ein Unfall passiert. Mit mobiler Section Control, so der TU-Experte, hätte man die Lenker disziplinieren können. Die Polizei versucht es andersrum: Zusätzliche Streifen und ein Hubschrauber sollen den Verkehr überwachen.

Auf einen Blick

Ab 2. Juni bis 4. Juli ist der Ring teilweise gesperrt. Die Straßenbahnlinien 1 und 2 werden zusammengefasst und gemeinsam zwischen Schottentor und Karlsplatz geführt. Während der EM werden die U-Bahnen tagsüber um ein Viertel öfter, nachmittags und abends doppelt so oft fahren. Die Betriebszeit nachts wird ausgeweitet. Die Stadt empfiehlt, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.

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