Spanien zufrieden ohne Stürmer, sauer wegen Rasen

Spanien war mit dem 1:1 zufrieden
Spanien war mit dem 1:1 zufrieden(c) EPA (Kamil Krzaczynski)
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Das 1:1 gegen Italien, in dem beide Trainer tief in die Taktik-Trickkiste griffen, war das bisher beste Match dieser EM. Spanien überlegt trotzdem, noch Protest einzulegen.

Spaniens Teamchef Vicente del Bosque hat am Sonntag mit einer eigenwilligen Taktik für Aufsehen gesorgt. Der Teamchef ließ seine Mannschaft beim 1:1 in Danzig (Gdansk) gegen Italien ohne echten Stürmer einlaufen. Große Torchancen blieben mit dieser Spielanlage Mangelware, dennoch sah der Weltmeister-Coach sein Experiment als gelungen an.

"Wir wollten dadurch eine Überzahl im Mittelfeld schaffen, und wir wussten, dass Cesc Fabregas und David Silva die Fähigkeiten haben, zum Abschluss zu kommen. Es hat nicht schlecht funktioniert, Fabregas hat großartige Arbeit geleistet", sagte Del Bosque nach dem wohl besten Match dieser Fußball-Europameisterschaft.

Der 61-Jährige hatte Anleihen an jenem System genommen, mit dem der FC Barcelona im Dezember des Vorjahres durch ein 4:0 über den FC Santos Klub-Weltmeister geworden war. In Abwesenheit der verletzten Angreifer David Villa und Alexis Sanchez hatte Lionel Messi damals als verkappter Mittelstürmer agiert und zwei Tore erzielt. Fabregas gelang in dieser Rolle immerhin ein Treffer. "Cesc ist ein Mittelfeldspieler, der einen guten Torriecher hat", begründete Del Bosque seine Maßnahme.

Fabregas hatte allerdings zuletzt am 2. Mai beim 4:1 seines FC Barcelona gegen Malaga ein Match als Mitglied der Startformation absolviert. Zudem stieg er nach überstandener Muskelverletzung erst vor wenigen Tagen wieder ins Mannschaftstraining ein. "Ich war der Erste, der davon überrascht war, dass wir ohne Stürmer spielen", beteuerte der 25-Jährige. "Aber ich war dankbar, dass mir der Trainer die Chance gegeben hat, nach der langen Pause wieder im Einsatz zu sein."

Leidtragender dieser Aufstellungsvariante war Fernando Torres. Nach seiner Einwechslung kam der Chelsea-Angreifer zwar zu so hochkarätigen Chancen, wie sie seine Kollegen davor nicht vorgefunden hatten - allerdings versagte "El Nino" wieder einmal im Abschluss. "Der Zeitpunkt, zu dem er eingetauscht worden ist, war ideal, weil da die Partie offen war. Leider hat es mit dem Tor nicht geklappt", meinte Del Bosque und ließ offen, ob Torres am Donnerstag gegen Irland in die Stamm-Elf rutschen könnte.

Klare Worte fand der Nationaltrainer hingegen zum Zustand des Rasens. "Es ist schade, dass das Gras so trocken war. Das hat dem Fußball und den Zuschauern nichts Gutes getan." Fabregas schloss sich dieser Meinung an. "Es ist beklagenswert, dass wir auf so einem Platz spielen mussten." Spielmacher Xavi kritisierte: "Das war eine Schande. Es war zu trocken. Man muss einen Platz gießen, um guten Fußball zu sehen. Das beeinflusst die Ballkontrolle, das Passspiel und das Dribbling. Es ist schade für Spanien."

Protest wegen Rasen steht im Raum

Der Ärger über das Grün führte sogar zur Drohung des spanischen Verbandes, einen offiziellen Protest einzulegen. Weniger Beschwerden seitens des Titelverteidigers gab es über das Resultat. "Wir sind mit dem 1:1 relativ zufrieden, auch wenn wir uns mehr erwartet hätten. Aber Italien war sehr stark", sagte Del Bosque.

Die Italiener boten unbeeindruckt von den Turbulenzen des neuen Wettskandals eine starke Leistung und konnten dabei ebenfalls mit einem international eher seltenen System aufwarten. Teamchef Cesare Prandelli setzte - wie auch immer mehr Serie-A-Klubs - auf eine Dreierkette, die sich bei Ballverlust sofort in eine Fünferabwehr verwandelte.

In der ersten Hälfte war der vierfache Weltmeister dadurch sogar das gefährlichere Team, wie auch Prandelli zufrieden feststellte. Weniger glücklich machte den Trainer der schnelle Ausgleich der Spanier. "Wir hätten sie härter dafür arbeiten lassen müssen."

Vom spanischen Stürmerverzicht wurde der Italiener überrascht. "Wir haben schon mit Torres gerechnet. Aber dann haben wir beschlossen, unser Spiel trotzdem durchzuziehen", erklärte Prandelli, der mit der Einwechslung von Antonio di Natale ein goldenes Händchen bewies. Der spätere Torschütze kam für Mario Balotelli - der ManCity-Stürmer hatte unmittelbar davor eine Riesenchance fahrlässig ausgelassen. "Sein Austausch war aber keine Bestrafung. Ich habe schon zuvor entschieden, Di Natale zu bringen", betonte Prandelli.

(APA)

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