Duell der Erzrivalen. Die Niederländer sind nach Auftaktniederlage gegen Dänemark heute Abend ausgerechnet gegen Nachbar Deutschland „zum Siegen verdammt“. Die Anspannung bei den Oranjes ist deutlich merkbar.
Charkiw/Wien. Lachende Gesichter gab es beim Lauftraining keine. Die überraschende 0:1-Auftaktniederlage gegen Dänemark hat bei den Niederländern Spuren hinterlassen. Der vielerorts zum Geheimtipp hochgejubelten „Elftal“, immerhin amtierender Vizeweltmeister, droht schon nach der Gruppenphase der EM das Aus. Nur drei Punkte im zweiten Gruppenspiel können den Betriebsunfall gegen Dänemark korrigieren. Doch in Charkiw wartet ausgerechnet Erzrivale Deutschland.
„Wir sind zum Siegen verdammt“, meinte Bondscoach Bert van Marwijk deutlich. Diese Aufgabe wird nicht leicht – nicht nur, weil Temperaturen bis zu 35 Grad erwartet werden. Die ewigen Diskussionen, ob nun Robin van Persie oder Klaas-Jan Huntelaar stürmen soll, haben den Trainer der Niederländer dünnhäutig gemacht. Die beiden Stürmer haben sich schon einmal selbst einen Maulkorb angelegt. Im Gegensatz zu Rafael van der Vaart. Der Tottenham-Star beschwerte sich öffentlich über seine Reservistenrolle. Auch Nigel de Jong war über seine Auswechslung gegen die Dänen alles andere als glücklich. Das alles drückt auf die Stimmung.
Van Bommel: „Die letzte Chance“
Kapitän Mark van Bommel verstärkte den Druck auf sein Team: „Wir müssen gewinnen. Bei dieser EM hat diese einzigartige Generation ihre letzte Chance, einen Titel zu holen. Das muss uns gegen die Deutschen klar sein.“ Einzig Wesley Sneijder blieb optimistisch: „Ich glaube daran, dass wir gegen Deutschland gewinnen“, meinte er. Man dürfe den Deutschen keinen Platz lassen und müsse die Chancen verwerten, lautete sein simples Erfolgsrezept. An eines mag niemand denken: Wenn die Dänen gegen Portugal punkten und „Oranje“ den Deutschen unterliegt, dann steht das Aus schon heute fest.
Auch für die DFB-Elf könnte das letzte Gruppenspiel zu einem Schaulaufen werden. Mit einem Sieg wäre der Aufstieg perfekt. Teamchef Joachim Löw warnte aber vor dem angeschlagenen Erzrivalen: „Jeder weiß, Holland steht unter Druck“, meinte er. Zudem hat er das glückliche Zustandekommen des 1:0-Siegs über Portugal nicht vergessen. Die Defensive funktionierte gut, doch von seiner Offensivabteilung erwartet der Teamchef eine Leistungssteigerung. Für Bastian Schweinsteiger gab es eine Extraportion Aufmunterung. Über den Münchner, der seit Monaten seiner herausragenden Form aus der Herbstsaison hinterher läuft, meinte er: „Es war extrem wichtig, dass er auf dem Platz war. Bastian hat seinen Spielrhythmus. Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass er körperliche Probleme gehabt hätte.“ Dass der verschossene Elfer im verlorenen Champions-League-Finale der Bayern Schweinsteiger noch nachhängt, glaubt Löw nicht: „Er ist absolut selbstbewusst, hat eine gute Körpersprache, ist ehrgeizig und siegesgewillt.“
Genervt reagiert der DFB-Teamchef, wenn er die mediale Debatte um Stürmer Mario Gomez verfolgt. Dem Bayern-Star wird mangelnder Einsatz vorgeworfen, sein statisches Spiel kritisiert. „Ehrlich gesagt habe ich keine Energie, mich um das zu kümmern“, meinte Löw schroff. Auch Gomez selbst zeigte sich kurz angebunden: „Ich möchte wissen, warum ich mich ändern sollte“, entgegnete der Torschütze gegen Portugal den Kritikern seines Spielstils.
Nur für seinen Bayern-Teamkollegen Arjen Robben, der ihm heute im orangefarbenen Trikot gegenüber stehen wird, hatte Gomez ein paar nette Grüße parat: „In diesem Spiel werden wir keine Freunde sein.“