Kein Spiel für Feinschmecker: Griechen vor Heimreise

Giorgos Karagounis
Giorgos Karagounis(c) AP (Anja Niedringhaus)
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Tschechien bezwang nach einem Blitzstart Griechenland mit 2:1 und darf noch mit dem Viertelfinale liebäugeln. Die Hellenen erwischten einen kapitalen Fehlstart.

Breslau. Nach nur sechs Spielminuten behaupteten böse Zungen, Griechenland hätte das Spiel verkauft und sich so teilsaniert. Ein Schelm, wer daran dachte. Keine Mutmaßung, sondern bittere Tatsache war die desaströse Vorstellung der griechischen Mannschaft in der Anfangsphase.

Nach nicht einmal drei Minuten griff Torhüter Chalkias, der später verletzt ausgewechselt werden musste, zum ersten Mal hinter sich. Ein einfacher Ballverlust im Aufbau servierte Hübschman die Gelegenheit, mit einem schönen Pass das blitzartige 1:0 einzuleiten. Wolfsburg-Legionär Jiracek startete im rechten Moment und schob unbedrängt ein.

Griechenland hatte sich kaum vom ersten Schock erholt, da folgte der zweite, der als Paradebeispiel für kollektives Defensivversagen dient. Die flache Hereingabe von Gebre Selassi hätte eigentlich schon Chalkias abfangen müssen, er ließ den Ball aber passieren. Seine Vorderleute auf der Innenverteidigerposition, Katsouranis und Papadopoulos, konnten den Fehler ihres Schlussmannes nicht mehr korrigieren. Sie stürzten praktisch mit Ball und Gegner zum 0:2 ins Tor. Erst in der Wiederholung konnte ein Eigentor ausgeschlossen werden. Pilar hatte den Ball mit dem Knie zuletzt berührt.

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Die Griechen erholten sich erschreckend langsam von den frühen Tiefschlägen. Ihr Heil in der Offensive zu suchen, war selbst beim Gewinn des Europameistertitels vor acht Jahren nicht ihre größte Stärke. Der Anhang auf den Rängen der Breslauer EM-Arena hätte sich wohl am liebsten schon Mitte der ersten Halbzeit griechischen Wein eingeschenkt, um das Spiel der eigenen Mannschaft ansehnlicher zu machen.

Tschechien kontrollierte Spiel und Gegner, ohne mit wirklichem Nachdruck auf das dritte Tor und die Vorentscheidung zu drängen. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit schöpfte Blau-Weiß Hoffnung, wenn auch nur für wenige Sekunden. Ein Kopfballtreffer von Fotakis wurde wegen Abseits aberkannt – eine knappe, höchste strittige Entscheidung. Der Jubel im griechischen Sektor wiederholte sich erst in Minute 53, diesmal berechtigt. Ausgerechnet Tschechiens Torhüter-Legende Cech, einer der besten seines Fachs und vor wenigen Wochen noch gefeierter Held im Champions-League-Finale, wurde kurzfristig zur tragischen Figur. Eine völlig harmlose Hereingabe von Samaras ließ der 30-Jährig zwischen seine Hände gleiten. Der Ball landete vor den Füßen von Gekas – 1:2.

Wer nun eine unwiderstehliche Drangphase der Griechen erwartete, wurde bitter enttäuscht. Es fehlten Antreiber und Vollstrecker. Trotz schwachen Gegners agierte Tschechien alles andere als souverän. Beide Teams offenbarten ihre spielerischen Defizite. Die Teilnahme an der Euro dürfte ihr größter Erfolg bleiben. Und für Griechenland ist der Auftritt wohl schon nach der Vorrunde zu Ende.

Griechenland:  Chalkias (23. Sifakis); Torosidis, Katsouranis, Papadopoulos, Holebas; Fotakis (46. Gekas), Maniatis, Karagounis; Salpingidis, Samaras, Fortounis (71. Mitroglou).

Tschechien: Cech; Gebre Selassie, Sivok, Kadlec, Limbersky; Hübschman, Plasil; Jiracek, Rosicky (46. Kolar/91. Rajtoral), Pilar; Baros (64. Pekhart).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2012)

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