Schwere Ausschreitungen vor dem Duell der Erzfeinde

Hooligans und Polizei
Hooligans und Polizei(c) EPA (Rafal Guz)
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Im Vorfeld der Partie zwischen Polen und Russland zeigte der Fußball wieder seine hässliche Fratze. Hooligans wüteten in Warschau. Das Spiel endete nach einem packenden Duell 1:1.

Warschau. Ganz Warschau glich vor dem zweiten Spieltag der Gruppe A einem einzigen Hochsicherheitstrakt. Das Polizeiaufkommen wurde vervielfacht, über der Stadt kreisten Hubschrauber. Überall standen Hundertschaften der Polizei, Sondereinsatzkräfte in Kampfmontur beteiligten sich an der Bewachung des russischen Fanmarsches, der quer durch die Innenstadt führte. Er hätte beim Nationalstadion enden sollen, wurde von der Polizei aber vorzeitig beendet. Der „Rote Marsch“ am „Tag Russlands“ endete mit schweren Ausschreitungen, mit zahlreichen Verletzen und kolportierten 50 Festnahmen. Eine offizielle Stellungnahme der Behörden lag nicht vor.

Das Verhältnis zwischen Polen und Russland ist aus historischen Gründen belastet, seit dem Flugzeugabsturz in der Nähe von Smolensk, bei dem der ehemalige Staatspräsident Lech Kaczynski und weitere nahezu hundert Menschen ihr Leben verloren haben, hat die Krise einen neuen Höhepunkt erreicht. In Warschau begannen erste Störaktionen bereits in den Nachtstunden, als vor dem Teamquartier der Russen ordentlich gelärmt und gewütet wurde, vor dem Match kam es dann zu wüsten Schlägereien. Als die Polizei einschritt, hagelte es Feuerwerkskörper, Steine und Flaschen. Die Hooligans wüteten so richtig und brutal. Via Twitter wurde sogar die Meldung verbreitet, ein Russe sei ums Leben gekommen. Die Nachricht blieb unbestätigt.

Chancen in Hülle und Fülle

Ausgerechnet am russischen Nationalfeiertag mussten sich also die Polen gegen ein vorzeitiges Aus als Gastgeber stemmen. „Das Drumherum“, hatte Polens Dortmund-Verteidiger Lukasz Piszczek gemeint, „ist eh schon schlimm genug.“ Aber beide Teams wollten sich darauf beschränken, Politik Politik, Hooligans Hooligans sein zu lassen. Und einfach nur Fußball zu spielen.
Die Partie zwischen den beiden Erzrivalen entwickelte sich zu einem hochklassigen Spiel, zu einem offenen Schlagabtausch mit einer Fülle an Tormöglichkeiten. Wobei die Polen den Reigen eröffneten. Zunächst trat Boenisch in Aktion, später Perquis, dann Lewandowski, der Polonia-Starstürmer, der die Borussia so glücklich macht. Als Polanskis Schuss im Netz der Russen zappelte, jubelten die Polska-Anhänger zu früh. Dem Treffer wurde wegen Abseits die Anerkennung verwehrt.

Die Russen aber, schon gegen Tschechien beeindruckend, verließen auch diesmal ihre spielerische Linie nicht. Nach einem Freistoß war Alan Szagoev zur Stelle, er hatte bereits zweimal im ersten EM-Match gejubelt. Ob der Treffer per Kopf, oder doch mit der Schulter gelang, das war nur schwer auszumachen (38.).
Aber noch war Polen nicht verloren, der Kapitän persönlich schritt zur Tat, um die Hausherren im Turnier zu halten. Jakub Blaszczykowski, den sie Kuba nennen, riskierte einmal einen knallharten Schuss, heraus kam dabei ein Traumtor (1:1, 57.). Am Ende siegte die Fairness – zumindest auf dem Rasen. Das brutale Vorspiel hingegen war eine Schande.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2012)

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