Die einstigen Kriegsgegner Kroatien und Serbien fiebern dem "Bruderduell" entgegen. Die Uefa ist nach Vorfällen in der Vergangenheit gewarnt.
Belgrad. Seit Tagen gibt es in Kroatien und Serbien kaum ein anderes Thema, das heutige WM-Qualifikationsduell zwischen den beiden früheren Kriegsgegner ist für einen beträchtlichen Bevölkerungsteil weit mehr als nur ein Fußballspiel. Schon im Mai 1990 kündete das wegen wüster Schlägereien auf den Tribünen und dem Feld abgebrochene Spiel zwischen Dinamo Zagreb und Roter Stern Belgrad wie ein düsterer Vorbote vom nahenden Krieg.
18 Jahre nach dessen Ende haben sich die Beziehungen der Nachbarstaaten zwar einigermaßen normalisiert, doch bei sportlichen Auseinandersetzungen kochen auf beiden Seiten stets die alten Kriegsemotionen wieder hoch. Mit den Liedern des nationalistischen Rockbarden Thompson stimmen sich Kroatiens Kicker auf das „Bruderduell“ ein. In Serbiens Mannschaftsbus soll der umstrittene „Marsch auf die Drina“ erklingen. Zu den Klängen dieses Militärmarsches zogen auch die serbisch-bosnischen Truppen von Ratko Mladić 1995 in die eroberte Muslim-Enklave Srebrenica ein. Die Uefa, die beide Länder wegen Hooligan-Ausschreitungen schon mehrmals verwarnt hat, wird die Begegnung mit Argusaugen verfolgen. Aus Furcht vor Krawallen und drohenden Sanktionen haben beide Fußballverbände für das Spiel in Zagreb und das Rückspiel in Belgrad den Verzicht auf mitreisende Gästefans vereinbart.
„Es finden sich immer Idioten“
Dennoch werden am Spieltag nicht nur an der Grenze zu Serbien über 3000 Polizeikräfte mobilisiert. Denn ob Hand-, Basket- oder Wasserball: Übergriffe gegen Einrichtungen von Kroatiens serbischer Minderheit sind beim sportlichen Kräftemessen der beiden Nachbarn im Adriastaat keine Seltenheit. „Wer nicht muss, sollte am Freitag nicht nach Kroatien kommen“, warnt Zoran Cvrk, Funktionär des kroatischen Fußballbunds HNS, die Nachbarn in serbischen Medien: „Wie in Serbien finden sich auch bei uns immer Idioten, die ohne Grund Scheiben einschlagen, Reifen aufschlitzen oder Leute angreifen.“ Er wünschte, er hätte einen Zauberstab, um sicherzustellen, „dass die serbische Nationalhymne nicht verhöhnt wird“, sagt HNS-Chef Davor Šuker. Doch sein frommer Wunsch findet selbst im eigenen Verband kein Gehör.
Es könne nicht angehen, dass ein Serbe das wichtigste Ministeramt im Land bekleide, wetterte am letzten Wochenende Zdravko Mamić, der kontroverse Präsident von Meister Dinamo Zagreb, gegen Kroatiens serbischstämmigen Sportminister Zeljko Jovanović: Der Minister hasse „alles, was kroatisch“ sei. Seine Entgleisung brachten dem 53-Jährigen eine Nacht in der Zelle und eine Anklage wegen Aufrufs zum Völkerhass ein. Mamić habe dem kroatischen Fußball „großen Schaden“ zugefügt, so HNS-Chef Šuker.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)