Champions League: Dortmunds schönste Niederlage

Champions League: Dortmunds schönste Niederlage
Champions League: Dortmunds schönste Niederlage(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Witters)
  • Drucken

Borussia Dortmund löst trotz einer 0:2-Niederlage bei Real Madrid das Endspielticket für London. Einziger Wermutstropfen: die Verletzung von Mario Götze.

Madrid/Wien/Ag. Nach dem Viertelfinal-Thriller gegen Málaga wurde für Borussia Dortmund auch das Halbfinale gegen Real Madrid zum Krimi. „Wir können einfach nur dramatisch“, meinte der völlig entnervte BVB-Geschäftsführer Joachim Watzke nach der 0:2-Niederlage, die aufgrund des 4:1-Hinspielerfolgs zum Aufstieg ins Finale der Champions League am 25. Mai in London reichte. Reals Treffer durch Benzema (82.) und Ramos (88.) fielen letztlich zu spät. Die Dortmunder Kicker feierten den größten internationalen Erfolg seit dem Champions-League-Triumph 1997 bis tief in die Nacht.

Watzke konnte in der Schlussphase selbst der Zuspruch des spanischen Königs nicht beruhigen. „Ich habe mich auf der Toilette eingeschlossen und mir die Ohren zugehalten“, gestand der Geschäftsführer. Erst als es keine „Stadionerschütterungen mehr gab“, traute sich Watzke zurück in die Ehrenloge zu seinem prominenten Sitznachbarn Juan Carlos. Dass schon am Samstag der – allerdings sportlich bedeutungslose – Bundesligagipfel gegen Bayern München ansteht, interessierte am Dienstagabend niemanden. Selbst Trainer Jürgen Klopp hatte keine Einwände gegen eine rauschende Party: „Wenn ich der Mannschaft jetzt nicht gestatte auszugehen, bin ich ja ein Vollhorst.“

Dortmund „all inclusive“

Der historische Abend im Bernabeu versetzte auch den Trainer in Euphorie: „Das ist die außergewöhnlichste Leistung, von der ich seit langen, langen Jahren im Sport gehört habe.“ Die Zitterpartie in den letzten Minuten hätte sich Klopp natürlich gern erspart: „Aber Borussia Dortmund gibt es nur all inclusive.“ Das spanische Sportblatt „Marca“ titelte am Mittwoch: „Klopp nimmt das Bernabeu ein und verlässt das Stadion im Stil eines Triumphators.“

„Wembley calling“ stand auf den Shirts, mit denen der überragende Torhüter Roman Weidenfeller und seine Mitstreiter in die nächtliche Fiesta von Madrid starteten. Mit leuchtenden Augen ließ Sportdirektor Michael Zorc die wundersame Reise des noch 2005 von der Insolvenz bedrohten Klubs Revue passieren: „Man muss die Entwicklung sehen. Erst Meister, dann Meister und Pokalsieger und nun im Champions-League-Finale. Das ist ein Meilenstein“, befand der Champions-League-Triumphator von 1997. „Damals sind wir glücklicher ins Endspiel gekommen.“ Trotz des üppigen 4:1-Polsters aus dem Hinspiel geriet der BVB im lauten Bernabeu mächtig ins Wanken. Viel Glück und die Klasse von Weidenfeller bewahrten die Dortmunder bereits in den ersten 20 Minuten vor einem frühen Rückstand. „Der König hat immer meine Hand gehalten. Er hat mich immer beruhigt, denn wir waren ja massiv unter Druck“, sagte Watzke. Gerade als sich der BVB anschickte, die Partie nach Hause zu bringen, sorgte Real mit zwei späten Treffer für das große Zittern.

Das passte ins Bild der BVB-Saison auf internationaler Bühne. Schließlich war bei fast allen Partien höchster Unterhaltungswert garantiert. In den Gruppenspielen gegen Manchester City und Real kassierte der BVB in den Schlussminuten den Ausgleich. Beim 3:2 im Duell mit Málaga ebneten erst zwei Tore in der Nachspielzeit den Weg ins Halbfinale.

Der Erz-Dortmunder Kevin Großkreutz war bei den Feierlichkeiten eine der dominierenden Figuren: „Wir haben so eine geile Truppe, so geile Fans, sind so ein geiler Verein. Wir haben es einfach verdient.“ Die überragende Champions-League-Saison macht sich auch auf dem schwarz-gelben Bankkonto bemerkbar: Bereits jetzt wurden schon mehr als 60 Millionen Euro eingenommen.

Bangen um Götze

Sichtlich übernächtig bestiegen die Dortmunder Mittwochvormittag das Flugzeug Richtung Heimat. Getrübt war die Freude nur bei Mario Götze. Schon nach 14 Minuten war die Partie für den künftigen Bayern-Profi wegen eines Muskelfaserrisses beendet. Das Champions-League-Finale droht er zu verpassen. Klopp: „Es wird eng für alles, was noch ansteht.“

Auf einen Blick

Borussia Dortmund steht erstmals seit 1997 wieder im Finale der Champions League. Nach einem 4:1 im Hinspiel reichte im Rückspiel in Madrid ein 0:2 zum Aufstieg.
Real Madrid klammert sich an das spanische Cupfinale gegen Atletico. Die Titelträume in der Meisterschaft und der Champions League sind frühzeitig geplatzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Spielraum

Herzhafte Perspektive

Dortmund-Wahnsinn und ein Wunderwuzzi, der einmal Bundestrainer werden muss.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.