Eine sportpolitische Blamage gerade noch verhindert

Eine sportpolitische Blamage
Eine sportpolitische Blamage(c) EPA (MARCELO SAYAO)
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Eine Richterin hat das Länderspiel am heutigen Sonntag zwischen Brasilien und England doch noch genehmigt.

Es wäre eine riesige Blamage gewesen, die weite Kreise gezogen hätte. Eine Blamage nicht nur für den Sport, sondern auch für die Politik. Brasilien hat turbulente Tage hinter sich, zwei Wochen vor dem Start des Confederations Cup hat der WM-Gastgeber 2014 im letzten Moment eine Generalprobe gerettet. Und zwar die Generalprobe vor der Generalprobe. Auf der Kippe stand die Austragung des mit Spannung erwarteten Freundschaftsspiels zwischen Brasilien, dem fünfmaligen Weltmeister, und England. Und zwar im renovierten Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro. Zunächst wurde die Partie abgesagt. Dann hat die diensthabende Richterin das Match dann doch noch genehmigt.

Es war ein Verwirrspiel sondergleichen, eine Stadionposse, wie man sie im Weltfußball noch selten erlebt hatte. Denn Mitte der Woche gab die Richterin Adriana Costa dos Santos einem Antrag der Staatsanwaltschaft und sagte das Duell gegen die Engländer ab. Aus Sicherheitsgründen, wie man betonte. Laut der Zeitung „Folha de São Paulo“ wurde bemängelt, dass in dem legendären Stadion noch immer Bauschutt herumliege. Dieser könnte von gewalttätigen Fans als Waffe benutzt werden.

Die Regierung des Bundesstaats Rio de Janeiro habe nun einen Bericht der Militärpolizei vorgelegt, nach dem die Sicherheit bei dem Spiel gewährleistet werden könne, hieß es in den Medienberichten. Richterin Gracia Cristina Moreira Rosenkranz habe daraufhin die einstweilige Verfügung ihrer Kollegin wieder aufgehoben.

Wirbel um Bayern-Legionäre. Bei der sportlichen Ouvertüre im Maracanã steht für den Ausrichter der WM 2014 mehr auf dem Spiel als der Sieg in einem Freundschaftsmatch. Eine Niederlage gegen England käme in den Augen vieler Brasilianer einem bösen Omen gleich. In der legendären Arena findet das Endspiel des Confederations Cup (15. bis 30.Juni) und der Weltmeisterschaft im kommenden Jahr (12.Juni bis 13.Juli 2014) statt, bei der alles andere als der sechste Titel einem Misserfolg gleichkäme.

Die brasilianische Auswahl steht unter Druck. Richten soll es der große Felipe: Luiz „Felipão“ Scolari ist zum zweiten Mal Trainer der brasilianischen Nationalmannschaft, und der WM-Gewinner von 2002 ließ keinen Zweifel an seiner Mission: „Unser Hauptziel ist es, die Weltmeisterschaft zu gewinnen.“ Für dieses ehrgeizige Ziel stellte ihm der nationale Fußballverband CBF ein Schwergewicht zur Seite. Der Weltmeistertrainer von 1994, Alberto Parreira, wurde als Koordinator berufen. „Darüber bin ich sehr glücklich, und ich danke dem CBF 1001 Mal für diese Entscheidung“, sagt Scolari.

CBF-Präsident José Maria Marin hat die Entscheidung bei der Bestellung mit den Worten verkündet: „Wir legen das Schicksal unserer Seleção in die Hände eines erfahrenen und international anerkannten Trainers. Das ist unser Duo, das, so Gott will, den großen Traum unseres Landes Wirklichkeit werden lässt, Champion bei der WM zu werden.“

Diesem Ziel will man alles unterordnen, darum zeigt der brasilianische Verband auch seine Muskeln, wenn es um die Abstellung von Nationalspielern geht. So bestand man auf die beiden Bayern-Legionäre Dante und Luiz Gustavo. Das Duo hatte somit keine Chance, am Pokalfinale gegen Stuttgart teilnehmen zu können. Denn laut Fifa-Reglement müssen Nationalspieler 14Tage vor dem ersten Spiel eines internationalen Turniers ihrem Team zur Verfügung stehen.

Letztlich habe der Planungsfehler für die Ansetzung des Pokalfinales beim Deutschen Fußballbund gelegen, so Rummenigge. Brasiliens Sportdirektor, Carlos Alberto Parreira, hatte damit gedroht, die beiden Profis nicht für die WM 2014 zu berücksichtigen, wenn sie nicht rechtzeitig anreisten. Rummenigge reagierte sauer und sprach von einem „Psychoterror.“ Das Verhalten der Südamerikaner sei „skrupellos“ und „unfair“ gewesen.

Steckbrief

Großer Felipe
Luiz Felipe Scolari (*9.November 1948 in Passo Fundo, Rio Grande do Sul) wird auch als Felipão (Großer Felipe) betitelt. Er ist der Sohn einer aus Italien stammenden Familie, die nach Brasilien einwanderte. Sein aus Venedig stammender Vater Benjamin galt in den 1940er-Jahren als einer der besten Abwehrspieler des Staates Rio Grande do Sul. Scolari hat auch die italienische Staatsbürgerschaft. EPA

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2013)

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