"Jubiläum dahoam" für Philipp Lahm

Der deutsche Kapitän, 29, absolviert in München gegen Österreich sein 100. Länderspiel. In der Jugend so gefragt wie Sauerbier, ist er heute unumstritten.

München/Wien/Swi. Die Pressekonferenz widersprach so ganz dem Naturell von Philipp Lahm. Ungefragt gehörte der Platz im Rampenlicht ihm, Teamkollege Thomas Müller und Ko-Trainer Hansi Flick blieben nur Nebenrollen. Eine Frage nach der anderen richtete sich an den DFB-Kapitän, doch nicht der heutige Gegner Österreich interessierte die Medienschar, sondern das runde Jubiläum des Spielers von Bayern München. Mit dem WM-Qualifikationsspiel durchbricht Lahm als elfter Spieler die Schallmauer von 100 Partien im deutschen Nationaltrikot. Aus dem aktuellen Kader zählen nur Lukas Podolski (111) und Miroslav Klose (128) mehr Einsätze.

„Schön, dass das Jubiläum direkt vor der Haustür stattfindet und meine Familie und Freunde dabei sein werden“, gab sich der für seine Bodenständigkeit bekannte Lahm vor der Partie im Münchner Stadion gewohnt zurückhaltend. Fast zehn Jahre ist es her, dass ihn Rudi Völler am 18. Februar 2004 beim 2:1-Sieg gegen Kroatien erstmals in der Startelf aufbot. Inzwischen folgten 98 weitere Partien (fünf Tore) – immer von Beginn an.

Auch unter Joachim Löw ist Lahm, 29, auf der Linksverteidigerposition gesetzt und stieg 2011 zum Kapitän auf. „Philipp steht seit fast zehn Jahren für Konstanz, Verlässlichkeit und höchstes Niveau in der Mannschaft“, schwärmte Löw im „Kicker“. „Er hat eine natürliche Autorität, übernimmt Verantwortung und ist ein absoluter Anführer.“

Lahm intelligenter als Messi?

Schon in frühen Jahren war Bayerns Nachwuchstrainer Hermann Gerland von Lahms Weltkarriere überzeugt, doch dessen zarte Statur bei nur 1,70 Meter Körpergröße rief Skeptiker auf den Plan. „Philipp war schon mit 17 Jahren perfekt. Nur wollte ihn keiner haben. Den habe ich angeboten wie Sauerbier“, erinnerte sich Gerland. Ein zweijähriges Gastspiel in Stuttgart überzeugte die Verantwortlichen in München und so zählt Lahm seit 2005 auch beim Rekordmeister zum Stammpersonal. Zuletzt reihte sich auch Pep Guardiola in die Reihe der Lahm-Begeisterten ein. „Er ist für mich der intelligenteste Spieler, den ich je in meiner Karriere trainiert habe“, sagte der Spanier, der immerhin auch schon einen gewissen Lionel Messi unter seinen Fittichen hatte.

Nach dem Triple-Sieg mit Bayern giert Lahm mit dem Nationalteam nach seinem ersten großen Titel. Bis zur WM im Juli 2014 in Brasilien sieht der Kapitän aber sich und seine Abwehrkollegen in der Pflicht: „Eine Mannschaft zu finden, die defensiv zusammenarbeitet, ist das A und O. Man braucht eine gute Defensive, wenn man ein Turnier gewinnen will.“

Auch gegen Österreich steht die Abwehr im Blickpunkt. Sieben Gegentreffer hat Löws Mannschaft in der laufenden Qualifikation bereits kassiert, im letzten Test gegen Paraguay (3:3) offenbarten sich erneut gravierende Fehler. Ausgerechnet in der Schaltzentrale im zentralen Mittelfeld plagen den Teamchef derzeit allerdings die größten Personalsorgen. Nach Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan musste nun auch Lars Bender wegen eines Risses in der Muskelhülle absagen. Ersatzmann Sami Khedira wiederum bringt wenig Spielpraxis aus Madrid mit.

Torhüter Manuel Neuer baut dennoch darauf, erstmals seit vier Spielen ohne Gegentor zu bleiben. An ein mögliches Duell mit Klubkollege David Alaba vom Elfmeterpunkt glaubt er indes nicht: „Der hätte zu viel Angst, um gegen mich anzutreten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2013)

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