Nationalspieler kritisieren Tageszeitung "Österreich"

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Nationalspieler(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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In einem offenen Brief thematisieren die ÖFB-Spieler die persönlichen Angriffe gegen Teamchef Marcel Koller ebenso wie falsche Exklusiv-Interviews.

Die Spieler des österreichischen Fußball-Nationalteams wandten sich in einem offenen Brief an die Tageszeitung "Österreich" und kritisierten deren "unfaire", "schlecht bis gar nicht recherchierte" und "reißerische" bis beleidigende Berichterstattung sowie die Fälschung von Interviews. Man wolle die Leser damit auffordern, die Artikel in "Österreich" kritisch zu hinterfragen, so die Nationalspieler, die derzeit im Teamcamp im spanischen Orihuela für das Freundschaftsspiel Österreich gegen die USA am kommenden Dienstag trainieren.

Teamkapitän Christian Fuchs zufolge habe die Berichterstattung rund um die jüngste Vertragsverlängerung von Teamchef Marcel Koller "das Fass zum Überlaufen gebracht". "Es hat schon in der Vergangenheit zahlreiche Berichte gegeben, die nicht der Wahrheit entsprochen und bei uns für Unruhe gesorgt haben. Deshalb haben wir uns als Mannschaft entschlossen, diesen gewagten und ungewöhnlichen Schritt zu machen. Wir wollen unterstreichen, dass das Fass übergelaufen ist", erklärte Fuchs stellvertretend für seine Teamkollegen.

"Koller wurde an einem Tag als Verräter bezeichnet, am nächsten Tag wollten sie ihn zum Ehrenbürger machen. Das kann so nicht sein", argumentierte Fuchs, der hinzufügte: "Wir wollen die sachliche Medienfreiheit keinesfalls infrage stellen. Wir setzen uns für eine kritische, aber wahrheitsgemäße Medienlandschaft ein."

Oliver Voigt, CEO der Mediengruppe Österreich, nahm die Sportredaktion in Schutz: "Mich kränkt das, da wir eine tolle Sportredaktion haben, mit einem wirklich professionellen Ressortchef Wolfgang Ruiner - dem ehemaligen Sportchef der Bild München -, der das nicht verdient hat. Wir werden aber in gebührender Form Kontakt mit dem ÖFB aufnehmen."

Der Brief im Wortlaut:

Es ist uns klar, dass wir mit diesem Schreiben ein Tabu brechen – nämlich jenes, ein Medium massiv zu kritisieren. Das tut niemand unüberlegt, weil in Folge naturgemäß mit verschärft unfairer „Berichterstattung“ zu rechnen ist.

Dieses Risiko nehmen wir, die Spieler des österreichischen Nationalteams, aus gutem Grund in Kauf. Aus unserer Sicht – und nach verschiedentlichen Versuchen unserer Pressebetreuer, zu einer gütlichen Lösung auf dem Weg von Gesprächen zu finden – ist das Maß voll: Die Fülle an schlecht bis gar nicht recherchierten Artikeln in der Tageszeitung „Österreich“, die häufig als „Exklusiv-Interviews“ bezeichneten Berichte, für die niemand von uns jemals interviewt worden ist, die reißerischen Texte, die nicht selten in Beleidigun­gen gipfeln (so wurde z. B. zuletzt unser Teamtrainer Marcel Koller als „Verräter“ bezeich­net, den man als „Packerl an die Schweizer schicken soll“) – wollen wir nicht mehr unkommentiert hinnehmen.

Zum Glück leben wir in einem Land, in dem Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt. Wir respektieren auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information. Und wir sind uns auch dessen bewusst, dass wir selbst Menschen mit Fehlern und Schwächen und keineswegs perfekte Individuen sind. Dennoch fragen wir uns angesichts der „Berichte“ über uns in der Tageszeitung „Österreich“, ob sich Journalisten  wirklich ALLES erlauben können und ob wir  uns wirklich ALLES gefallen lassen müssen? Wir meinen: NEIN!

Über Seriosität, Ehrgefühl oder Gewissenhaftigkeit in der medialen Berichterstattung mag man im Quotenkampf unterschiedlicher Meinung sein. Auch mag die Forderung nach journalistischer Ethik als „unzeitgemäß“ belächelt werden. Als Vertreter eines Sports, in dem Fairplay, Respekt, Verlässlichkeit, Gerechtigkeit, Wertschätzung und Teamgeist wesentliche Kriterien sind, als Personen der Öffentlichkeit und damit gleichzeitig als Vorbilder für so viele – vor allem auch junge – Menschen in unserem Land fühlen wir uns aber verantwortlich, wenigstens unsere Stimme zu erheben und uns vehement für Wahrheit, Wahrung der Würde und Fairness in Medienberichten auszusprechen. Wir wissen auch, dass viele Sportlerinnen und Sportler anderer Sportarten ähnlich denken wie wir.

Es ist uns klar, dass wir damit die Blattlinie der Tageszeitung „Österreich“ nicht ändern werden. Wir hoffen aber, damit bei den Medienkonsumentinnen und –konsumenten ein kritisches Hinterfragen der Artikel in der Tageszeitung „Österreich“ anzuregen. Und nicht zuletzt wollen wir damit auch unsere Solidarität mit unserem Teamchef ausdrücken.

Gleichzeitig möchten wir uns mit diesem Offenen Brief aber auch bei all den anderen Medien und deren Journalistinnen und Journalisten in Österreich bedanken, mit denen wir produktiv zusammenarbeiten und aus deren Berichterstattung wir ersehen, dass sie die von uns genannten Kriterien in ihrer Arbeit achten, auch wenn sie uns kritisieren!

Die Spieler des österreichischen Nationalteams.

Der vollständige Bericht auf Horizont.

(Red./APA)

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