Brasilien: Traum-WM gegen WM-Trauma

WM 2014, Brasilien, Auslosung
WM 2014, Brasilien, Auslosung(c) EPA (MARCUS BRANDT)
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Beim Weltturnier 2014 soll die Seleção mit Neymar den sechsten Titel gewinnen. Bei der Auslosung am Freitag droht vielen Topnationen eine „Horrorgruppe“.

Costa do Sauipe. Am Nikolotag rückt die Fußball-WM 2014 in Brasilien endgültig ins internationale Rampenlicht. Der Gastgeber präsentiert am Freitag eine seiner schönsten Seiten: Sonne, Strand und Palmen. Das sind die Markenzeichen von Costa do Sauipe, wo die Gruppen des Weltturnieres (ab 17 Uhr, live ORF1) ausgelost werden. Ein paradiesischer Ort mit Sonne während des ganzen Jahres und Temperaturen zwischen 24 und 33 Grad – so preisen Reiseveranstalter den 75 Kilometer von Salvador entfernt liegenden Touristenort im Bundesstaat Bahia an. Ob es auch ein paradiesisches Los für den Gastgeber oder für Titelverteidiger Spanien geben wird, bleibt abzuwarten.

5000 Fifa-Funktionäre, Journalisten, Ehrengäste aus der Fußballwelt und dem Showbusiness werden erwartet. Für die 90-minütige Show hat sich die Stadt herausgeputzt, für die Auslosung wurde um 4,7 Millionen Euro ein Veranstaltungszentrum gebaut. Für viele Brasilianer, die schon während des Confederations Cup im vergangenen Juni gegen Korruption und zu hohe Preise bei zeitgleichen Einbußen im Sozialsystem demonstriert hatten, ein weiterer Beweis für die Misswirtschaft ihrer Regierung.

WM 2014

Das Verlangen: Hexacampeao

Die Vorfreude auf die Traum-WM im fußballverrückten Brasilien ist dennoch enorm. 64 Jahre lang musste zwischen Porto Alegre und Manaus auf eine Heim-WM gewartet werden. Das Trauma vom 1950 gegen den kleinen, ungeliebten Nachbarn Uruguay verspielten WM-Titel sitzt heute noch tief. 2014 soll es endgültig vergessen gemacht werden. Luiz Felipe Scolari und die Seleção rund um Superstar Neymar sollen es richten, die Auswahl hat nur ein Ziel: Hexacampeao, Titel Nummer sechs, muss gewonnen werden. Scolari, 65, WM-Sieger mit Brasilien 2002 in Südkorea und Japan, ist davon auch überzeugt, er sagt: „Wir werden Weltmeister.“

Der Run auf die WM-Tickets ist gigantisch. In nur sieben Stunden hatten sich Fußballfans aus aller Welt bei der zweiten Verkaufsphase mehr als 200.000 Tickets gesichert. Insgesamt wurden bereits mehr als eine Million Eintrittskarten verkauft, in Summe sollen es für die 64 Partien vom 12. Juni bis 13. Juli 2014 drei Millionen sein.

Der Blick auf die Töpfe

Sechs Stadien waren schon bei der WM-Generalprobe im Sommer fertiggestellt, einige allerdings, wie das Maracanã in Rio de Janeiro oder die Arena Pernambuco in Recife, sind erst mit ziemlicher Verspätung fertig geworden. Auch das Eröffnungsstadion, die Arena Corinthians in São Paulo, wird nach dem Unglück vor wenigen Tagen – das Dach des Stadions stürzte teilweise ein, zwei Arbeiter starben – rechtzeitig fertig.

Farbenfrohe Bilder aus Costa do Sauipe sind deshalb für den Gastgeber und den Weltverband besonders wichtig. Scolari und seine 31 Trainerkollegen blicken aber ausnahmslos auf die Lostöpfe. Und wie so oft ist die Prozedur schwer umstritten. Denn erstmals setzte die Fifa die acht Gruppenköpfe streng nach Weltranglistenkriterien. Neben Großmächten wie Brasilien, Spanien, Argentinien, Deutschland oder Uruguay schafften somit auch Belgien, Kolumbien und sogar die Schweiz aufgrund ihrer Resultate in der Qualifikation den Sprung in den Topf der Besten.

Die logische Konsequenz lässt Fanherzen höher schlagen. Großkaliber, etwa Vizeweltmeister Niederlande oder 2006-Champion Italien, wandern in die Regionaltöpfe, könnten also für „Horrorgruppen“ sorgen. Zwei Szenarien: Brasilien könnte in einer Gruppe mit Italien, Frankreich und den USA landen. Bei „optimalem Losverlauf“ würde der Gastgeber nur auf Griechenland, Algerien und Costa Rica treffen. (dat)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2013)

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