FC Barcelona: Messi macht alles - kompliziert

(c) APA/EPA/JUANJO MARTIN (JUANJO MARTIN)
  • Drucken

Der FC Barcelona hat in der Champions League erstmals seit sieben Jahren den Einzug ins Semifinale verpasst. Das Spiel der Katalanen ist nicht mehr flexibel genug.

Madrid/Wien. Ein Halbfinale der Champions League ohne FC Barcelona, daran muss man sich erst wieder gewöhnen. Erstmals seit 2007 sind die Katalanen in dieser Phase der Königsklasse nicht mehr dabei, nach dem 1:1 im Hinspiel schied man mit einem 0:1 gegen Atlético Madrid aus. Der spanische Tabellenführer hat sich hingegen in der absoluten Spitze etabliert, ist für viele die größte Überraschung unter den letzten vier Mannschaften des hoch dotierten Wettbewerbs. Heute erfolgt die Auslosung des Semifinales (12 Uhr, live, Eurosport). Atlético gilt für die restlichen drei Teams (Bayern München, Real Madrid, Chelsea) nicht gerade als Wunschlos.

Atlético Madrid kann heuer alles gewinnen, beim FC Barcelona hingegen herrscht Katzenjammer. Viele Jahre galt die Mannschaft als unbezwingbar, mittlerweile fehlt es dem Team an den überraschenden Momenten. Barcelona-Trainer Gerardo Martino gestand ein, dass seine Mannschaft gegen das kompakte Atlético-Bollwerk einfach kein Mittel gefunden habe. „Wir haben alles Mögliche versucht, haben Veränderungen vorgenommen, aber wir haben es offensichtlich nicht geschafft“, kommentierte der Argentinier. Viel mehr konnte er zu dem torlosen Auftritt seiner Truppe nicht sagen.

Wirkungslose Spielweise

Der FC Barcelona, tonangebend wie kaum ein anderer Klub in den letzten zehn Jahren, ist verwundbar geworden. Mittlerweile gibt es einige Teams, die Mittel und Wege gefunden haben, um die Katalanen zu stoppen. Die mitunter nicht enden wollenden Ballstafetten enden dann, wenn die Luft etwas dünner wird, im Niemandsland. Auch Atlético Madrid versteht es, Barcelona zu entwaffnen und dessen Spielweise wirkungslos zu machen.

Unter Josep Guardiola, dem heutigen Bayern-Stardirigenten, spielte Barcelona in der Zukunft. So beschreibt das Guillem Balagué, der Biograf. „Barcelona war den meisten Gegnern einen Schritt voraus, die Spieler dachten immer schon ein Stück weiter.“ Der Vorsprung aber ist längst verspielt, die Zeitung „Sport“ schreibt: „Das beste Barça der Geschichte, erschaffen von Guardiola, hat sich überlebt.“

Das Barcelona-System neu zu erfinden ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das hat schon Guardiolas Nachfolger, Tito Vilanova, nicht geschafft. Gerardo Martino hat das alles geerbt, Fortschritte aber macht der Taktiker keine.

Vor zwei Wochen noch hat der FC Barcelona geglänzt, bei Real Madrid triumphierte man mit 4:3– und dachte schon an eine Renaissance. „Es mutete an wie eine Zeitreise in die Ära von Guardiola“, schrieb der „Spiegel“. „Aber die Tage, an denen Barça an die Guardiola-Zeit erinnert, sind selten geworden.“ Das alles hat auch mit Lionel Messi zu tun. Der kleine Argentinier, der so begnadet ist, hat in dieser Saison beispielsweise nun in fünf Spielen gegen Atlético Madrid kein einziges Mal getroffen. Messi gibt Rätsel auf, weil er keine Konstante mehr ist. Gegen Real war er in Topform, gegen Atlético war er einer von zehn Feldspielern, gegen Teams wie Betis Sevilla wirkt alles wie ein Spaziergang. „Bei diesem Messi sind keine Prognosen möglich“, urteilt „El País“. „Aus dem einst beständigen Fußballgiganten ist ein regulierter Künstler geworden, der seine Kräfte dosiert.“

Ewiges Kurzpassspiel

Barcelona ist nicht mehr flexibel genug, Trainer Martino wollte es weiterentwickeln. Aber wie soll man eigene Ideen einbringen, wenn der Vorvorgänger das Tiki-Taka perfektioniert hat? Das Kurzpassspiel allein kann es nicht mehr sein, obendrein hat es etwas an Qualität verloren. Nach wie vor ist alles rund um Lionel Messi aufgebaut, der viermalige Weltfußballer aber ist Fluch und Segen der Mannschaft zugleich. Die Ausrichtung auf Messi ist es, die alles ein wenig kompliziert macht.

Barcelona kann immer noch spanischer Meister werden, den Pokalsieg kann man sich auch noch holen. Ob Gerardo Martino über den Sommer hinaus Trainer der Katalanen bleibt, ist fraglich. Möglich, dass er nach der WM die argentinische Nationalmannschaft übernimmt. Und dann würde Barcelona zum dritten Mal in sehr kurzer Zeit einen neuen Betreuer brauchen. Vorerst aber gilt der Spruch des Fußballweltverbandes, dass man keine neuen Spieler verpflichten darf. Dazu gesellt sich Ärger mit den spanischen Steuerbehörden.

CHAMPIONS LEAGUE

Semifinale. Bayern München ist dem Ziel, den Titel erfolgreich zu verteidigen, wieder einen Schritt näher gekommen. Die Guardiola-Elf gewann das Viertelfinalrückspiel gegen Manchester United mit 3:1. Weiters stehen Atlético Madrid (1:0 gegen Barcelona), Chelsea und Real Madrid im Halbfinale (22./23. bzw. 29./30.April).

Die Auslosung erfolgt heute (12 Uhr, live, Eurosport).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.