Kostenexplosion trübt Freude auf die Fußball-WM

BRAZIL FEATURE PACKAGE SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
BRAZIL FEATURE PACKAGE SOCCER FIFA WORLD CUP 2014(c) APA/EPA/FERNANDO BIZERRA JR (FERNANDO BIZERRA JR)
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Bereits beim Confederations Cup 2013 sorgten landesweite Massenproteste für Aufsehen. Kritiker orten weiterhin Menschenrechtsverletzungen und Korruption, der Fifa-Kartenvorverkauf hingegen erlebt keine Einbrüche.

Rio de Janeiro. In der letzten Ticket-Verkaufsphase für die Fußball-WM in Brasilien (ab 12. Juni) wurden am Dienstag in den ersten vier Stunden 126.837 weitere Eintrittskarten vergeben. Das Gros ging nach Angaben des Weltverbandes Fifa erneut an brasilianische Fans, die mit 80.496 Karten einen Anteil von 63,4 Prozent ausmachten. Es folgten die USA, Kolumbien, Argentinien, Deutschland, Mexiko, Frankreich, England, Chile und Australien.

Insgesamt werden in dieser Last-Minute-Phase ca. 200.000 Eintrittskarten für 54 WM-Spiele verkauft. Ausverkauft sind zehn der 64 Spiele, darunter das Eröffnungsmatch zwischen Brasilien und Kroatien am 12. Juni in São Paulo und das Finale am 13. Juli in Rio de Janeiro. Wie bereits in den vorangegangenen Verkaufsphasen werden die Tickets über die Internetseite www.fifa.com bestellt und nach dem First-come-First-serve-Prinzip vergeben. Bislang wurden insgesamt 2,57 Millionen Eintrittskarten für die WM verkauft.

Unverständnis für Geldpolitik

Doch nicht nur Freude beim Ticketverkauf begleitet den Countdown zum Großereignis in Brasilien, auch Angst. Bedenken wegen erhöhter Preise für Hotels, Flüge oder Restaurants füllen seitenweise Zeitungen oder prägen TV-Berichte. Das größte Problem dürften aber erneute Proteste und Massendemonstrationen werden – wie schon 2013 beim Confederations Cup, der WM-Generalprobe. Die Menschen gehen auf die Straße, sie protestieren gegen soziale Ungerechtigkeit, Korruption und hinterfragen, wohin denn staatliche Gelder in Höhe von 15 Milliarden Euro, gedacht für soziale Projekte und Infrastruktur während WM und Olympia 2016, geflossen sind.

Nun muss Brasilien wieder mit Ausschreitungen rechnen. In São Paulo und in Rio de Janeiro hat es bereits größere Demos gegeben. „Der Protest wird stärker, ich gehe davon aus, dass sich das Volk nicht alles gefallen lassen wird“, sagt Renato Cosentino, Mitglied der Organisation Justicia Global. Seine Kritik richtet sich nicht nur gegen die WM, sondern auch gegen Olympia. Im deren Namen würden Menschenrechtsverletzungen begangen und allein in Rio 20.000 Menschen aus Armensiedlungen gegen ihren Willen umgesiedelt, sagt Cosentino.

Der Umbau des Maracana-Stadions habe 1,3 Milliarden Reais (430 Mio. €) verschlungen. Von dem Projekt profitiert hätten lediglich wenige nationale und internationale Firmen, gleichzeitig könnten sich „einfache Leute das tägliche Leben nicht mehr leisten, Fahrpreise und Mieten steigen“, erklärt der Aktivist Cosentino. Wegen der Fahrpreiserhöhung der U-Bahn rissen wütende Menschen sogar die Drehkreuze an den Eingängen aus ihrer Verankerung.

Brasilien sei zwar das Land des Fußballs, aber auch das Land der Gegensätze und der sozialen Ungerechtigkeiten. Die Regierung in Brasilia reagiert auf ihre Weise auf die Möglichkeit von Massendemonstrationen. Man werde friedliche Proteste nicht unterdrücken, Gewalt werde jedoch nicht toleriert, wird laufend betont. Deshalb ist im Parlament ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen in Ausarbeitung. Wer sein Gesicht verberge und Gewalt anwende, sei nicht demokratisch, betonte Präsidentin Dilma Rousseff.

Während der WM werden 150.000 Polizisten an zwölf Austragungsorten für Sicherheit sorgen. Dazu gibt es 20.000 private Sicherheitskräfte. (red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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