Verliert Europa einen WM-Startplatz?

FIFA President Blatter speaks during a news conference after an event celebrating the 100th anniversary of Hong Kong´s Football Association in Hong Kong
FIFA President Blatter speaks during a news conference after an event celebrating the 100th anniversary of Hong Kong´s Football Association in Hong Kong(c) REUTERS (BOBBY YIP)
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Die Machtkämpfe innerhalb des Weltfußballverbands sind offenbar eröffnet. Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik fordern künftig mehr WM-Startplätze.

Wien. Mit der Ankündigung von Joseph S. Blatter, noch einmal als Präsident des Weltfußballverbands kandidieren zu wollen, hat er einen Stein losgetreten. Dieser rollt und niemand vermag derweil abzuschätzen, wo er wieder zu ruhen kommt. Blatter hat vielleicht viele Fähigkeiten, eine davon ist jedenfalls, auf eine sehr raffinierte Art und Weise auf Stimmenfang zu gehen. Der Schweizer beherrscht es, Allianzen zu bilden, um am Wahlabend keine Niederlage zu erleiden. Wobei immer noch nicht feststeht, ob sich überhaupt ein ernst zu nehmender Gegenkandidat findet. Denn Michael Platini, der Uefa-Präsident, will sich erst nach der WM in Brasilien deklarieren.

Das Spiel um die Weltherrschaft im Fußball ist also eröffnet. Wer Wahlen gewinnen will, der muss ganze Verbände (Afrika, Asien etc.) für sich gewinnen. Eine wichtige Rolle spielt auch der Verband der Concacaf-Zone. Dazu gehören Nord-, Mittelamerika und die Karibik. Der Präsident dieser Concacaf-Zone hat nun erste Ansprüche gestellt. Jeffrey Webb hat mit seiner Aussage, künftig auf mehr Startplätze zu hoffen, für Aufsehen gesorgt. In Brasilien ist man mit den USA, mit Costa Rica, Honduras und Mexiko (Sieger im Play-off gegen den Sieger der Ozeanien-Qualifikation, Neuseeland) vertreten. Fixe Startplätze hat man drei.

Nach der Weltmeisterschaft werde es eine Diskussion über die künftige Zahl der WM-Startplätze für die einzelnen Verbände geben, kündigte der Verbandschef der Cayman-Inseln, der auch Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees ist, an. „Die Frage ist, ob wir statt dreieinhalb vier Plätze bekommen. Wenn unsere Teams auf dem Platz erfolgreich sind, hilft uns das natürlich weiter“, so Webb.

Die beste WM-Platzierung einer Mannschaft aus der Concacaf-Region war ein dritter Platz der USA beim ersten Turnier 1930. In der jüngeren Vergangenheit steht das Viertelfinale der USA bei der WM 2002 als bestes Abschneiden zu Buche. Die Erwartung von Webb für das kommende Turnier in Brasilien ist, dass zumindest zwei Mannschaften ins Achtelfinale und idealerweise bis ins Viertelfinale vorstoßen.

„Ich glaube, unsere Teams spielen gut“, sagt der Verbandsboss. „Wenn man sich beispielsweise die Qualität der Betreuerstäbe ansieht, haben wir einige Weltklassetrainer bei den vier Teams, die sich qualifiziert haben.“ Chefcoach der US-amerikanischen Nationalmannschaft ist der ehemalige deutsche Stürmerstar Jürgen Klinsmann.

Wenn dem Wunsch von Jeffrey Webb stattgegeben wird, stellt sich die Frage, welcher Verband einen Startplatz verlieren könnte. Möglich, dass sogar Europa, die Uefa und damit Michel Platini in Bedrängnis kommen könnten. Über die vielen afrikanischen Stimmen wird sich Joseph S. Blatter nicht drübertrauen.

Indes laufen die Vorbereitungen für die Endrunde in Brasilien auf Hochtouren. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass sich die Fifa für 900 Millionen Dollar gegen eine Verschiebung oder einen teilweisen Ausfall der Endrunde versichert hat. Die Versicherung biete Schutz gegen Terrorismus, Naturkatastrophen, Epidemien, Kriege, Unfälle oder Unruhen, sagte ein Sprecher.

Der Verband wappnet sich damit gegen eine Verschiebung oder Verlegung, fürchtet aber keinen Totalausfall. „Die Fifa entschied sich dagegen, das Stornorisiko abzudecken“, so der Sprecher. „Denn selbst wenn sich die Veranstaltung verzögert, ist es extrem unwahrscheinlich, dass sie abgesagt wird.“ Sollte es dennoch dazu kommen, müsste dies durch die Reserven gedeckt werden.

Die Höhe des gesamten Versicherungsbedarfs für das Turnier in Brasilien ist noch nicht bekannt. Für die WM 2010 in Südafrika habe die Summe rund fünf Milliarden Euro betragen. Damals hätten etwa 130 Fernsehsender geschätzt rund drei Milliarden Dollar für die TV-Rechte gezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2014)

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