Spiel um Platz 3: „Spielt wie in einem Finale“

FUSSBALL - FIFA WM 2014, BRA vs GER
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Brasilien kann keine Wiedergutmachung für das 1:7 leisten, möchte die WM gegen die Niederlande aber in Würde beenden.

Brasilia/Wien. Die Wunden sind längst noch nicht verheilt. Das 1:7 im Halbfinale gegen Deutschland hat nachhaltigen Schaden angerichtet, die brasilianische Fußballseele schmerzt wohl noch wochenlang. Ein Hauptschuldiger für die historische Demütigung und den geplatzten WM-Traum wurde rasch in Luiz Felipe Scolari gefunden. „Felipão“ hat die Seleção 2002 noch zum fünften und bislang letzten Titel gecoacht, nun steht er seit Tagen im Kreuzfeuer der Kritik. Sein Abschied scheint beschlossene Sache, wenngleich dies noch kein Verantwortlicher laut aussprechen möchte. „Wir haben einen Deal. Bis zum Spiel am Samstag und vielleicht auch danach werden wir ein klärendes Gespräch führen“, sagte Scolari.

Im Spiel um den undankbaren dritten Platz gegen die Niederlande (22 Uhr, live in ORF 1, ZDF), könnte Scolari sein letztes Spiel als brasilianischer Teamchef erleben. Es ist zugleich die erste Gelegenheit, eine Reaktion auf das 1:7 zu zeigen. Eine solche ist die Mannschaft ihren Fans auch schuldig, die Heim-WM soll für Brasilien mit einen Abschied in Würde zu Ende gehen. „Wir müssen nach vorn blicken. Das Leben geht weiter, die Spieler werden in Zukunft wieder Sieger sein“, meinte Scolari und versuchte, seine am Boden zerstören Mannen wieder aufzurichten.

Neymar verfolgte denselben Plan, als er am Donnerstag im Teamcamp Granja Comary einkehrte und seine Mitspieler fest umarmte. Der 22-Jährige wird der Mannschaft im Estadio Nacional Mane Garrincha in Brasilia nach seinem Lendenwirbelbruch nur als Daumendrücker zur Verfügung stehen. „Spielt, als ob es ein Endspiel wäre und beendet diese WM lächelnd“, forderte Neymar.

Goldene Generation ergraut

Während sich Brasilien ob des Risikos einer zweiten Niederlage in Folge auf keine personellen Spielchen einlassen wird, plant Gegner Niederlande einen radikalen Umbau der Startelf. So könnte Tim Krul, Elfmeterheld gegen Costa Rica, im Tor stehen. Auch eine Änderung der taktischen Ausrichtung von 5-3-2 auf 4-3-3 steht zur Debatte. Für Bondscoach Louis van Gaal, der nach dem Schlusspfiff seinen Platz räumt und die Arbeit bei Manchester United aufnimmt, wäre ein abschließender Sieg nicht einmal ein schwacher Trost. „Das hat nichts mit meiner Auffassung von Sport zu tun“, erklärte Van Gaal bezugnehmend auf das bevorstehende Spiel. „Es gibt nur einen Preis, der zählt, und das ist der Weltmeistertitel.“

Die Niederlande, die mit dem 5:1 gegen Weltmeister Spanien so sensationell in das Turnier gestartet sind, haben gegen Argentinien die große Chance auf das zweite Endspiel innerhalb von vier Jahren verpasst. Die goldene Generation wird langsam grau. Bei der nächsten Weltmeisterschaft 2018 in Russland sind Arjen Robben, Robin van Persie, Wesley Sneijder und Edeljoker Klaas-Jan Huntelaar bereits 34 Jahre alt.

In den Niederlanden könnte, in Brasilien muss bis dahin ein Umbruch vorangetrieben werden. „Lasst uns diese Krise nicht vergeuden“, forderte am Freitag die Zeitung „Folha de S. Paulo“ – und sprach damit Millionen von brasilianischen Fans tief aus der Seele.

MÖGLICHE AUFSTELLUNGEN

Brasilien:: Julio Cesar – Dani Alves, Thiago Silva, David Luiz, Marcelo – Ramires, Luiz Gustavo – Willian, Oscar, Hulk – Jo.
Niederlande:
Krul – Janmaat, De Vrij, Vlaar, Martins Indi – Wijnaldum, Blind, Fer – Lens, Huntelaar, Depay.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2014)

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