U19-EM: Für wen die Playstation Realität wird

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Sinan Bytyqi gilt als eine der größten Hoffnungen Österreichs. Der 19-Jährige mit kosovarischen Wurzeln spielt für Manchester City II, er träumt vom Stammplatz bei den „Citizens“.

Wenn Andreas Heraf, Teamchef von Österreichs U19-Nationalmannschaft, über Sinan Bytyqi spricht, gerät er ins Schwärmen. „Er versprüht eine ungemeine Spielfreude und ist läuferisch brutal stark. Sinan ist mein wichtigster Mann.“ Dieser Tage ist Bytyqi bei der U19-Europameisterschaft in Ungarn gefordert, den Vorschusslorbeeren gerecht zu werden.

Im Auftaktspiel gegen den Gastgeber entsprach der 19-Jährige, zum 3:1-Sieg steuerte er den 1:0-Führungstreffer per Elfmeter bei. Mit einem Sieg gegen Israel (18 Uhr) könnte Österreich heute den Einzug in das Halbfinale fixieren. Viel wird erneut von Bytyqi abhängig sein. Seine genialen Momente können Spiele allein entscheiden. Dass er medial in den Mittelpunkt gerückt wird, stört den Teenager nicht. „Ich verspüre nicht mehr Druck, ich sehe nur Motivation.“

Aufgrund seiner kosovarischen Wurzeln könnte Bytyqi, der derzeit nur die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, künftig auch für den Kosovo spielen – der Weltverband Fifa prüft aktuell die mögliche Mitgliedschaft. Die Schweiz etwa bangt deshalb um den Verlust von Leistungsträgern wie Xerdan Shakiri oder Granit Xhaka. Ob Bytyqi die Farben wechseln würde? „Mein Blut ist kosovarisch, aber ich trage den Adler auf der Brust.“

Prominenter Fürsprecher

Bytyqi, der in Klagenfurt aufgewachsen ist und sein Talent beim FC Kärnten geschult hat, ist nicht zuletzt ob seiner internationalen Erfahrung eine der zentralen Figuren in Herafs Team. Denn seit April 2012 trägt er das Trikot von Manchester City. Der Mittelfeldspieler war einem Scout des Topklubs im Rahmen der EM-Qualifikation in Dänemark ins Auge gestochen. „Als ich vom Interesse gehört habe, wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte mit dieser Mannschaft bislang nur auf der Playstation gespielt“, sagt Bytyqi der „Presse“ im Budapester Teamhotel.

Auch Inter Mailand, Juventus Turin oder Werder Bremen zeigten sich von den Qualitäten des jungen Mannes überzeugt, „aber City hatte das größte Engagement“. So übersiedelte Bytyqi von der Admira-Akademie in der Südstadt nach England, obwohl dort in der Vergangenheit schon viele Hoffnungsträger in einem Sumpf voller Talente hilflos untergegangen waren. Bytyqi wählt den vermeintlich einfacheren Weg allerdings ganz bewusst nicht, er suchte den Konkurrenzkampf regelrecht. „Wenn du der Beste sein willst, musst du dich mit den Besten messen“, sagt Bytyqi, der im Training oftmals Extraschichten einlegt. „Wenn ich mehr investiere als alle anderen, dann zahlt sich dieser Einsatz irgendwann aus. Davon bin ich überzeugt.“

In der zweiten Mannschaft der Citizens hat der Österreicher im Trainer Patrick Vieira einen großen Fürsprecher. Der Franzose wurde Welt- und Europameister, gewann mehrmals die englische und italienische Meisterschaft. Er sagt: „Sinan hat das Potenzial für höhere Aufgaben.“ Der Chilene Manuel Pellegrini, Trainer der ersten Mannschaft, lud Bytyqi auch schon einige Male zu Trainings mit den Premier-League-Profis ein. Den bosnischen Stürmer Edin Dzeko zählt er sogar mittlerweile zu seinen Freunden. Im Mai durfte der Österreicher auch mit nach Abu Dhabi fliegen, um in einem Test gegen al-Ain in der letzten Viertelstunde Seite an Seite mit etlichen Topstars zu spielen.

Und die Zukunft? Bytyqi glaubt daran, Stammspieler der Millionentruppe zu werden. Starke Vorstellungen bei der EM sollen helfen, sein Standing zu heben. Eine Vertragsverlängerung über 2015 hinaus gilt als wahrscheinlich.

AUF EINEN BLICK

Sinan Bytyqi wurde am 15. Jänner 1995 in Prizren, Kosovo, geboren. Sechs Monate später übersiedelte er nach Kärnten, dort spielte er in der Jugend des FC Kärnten. Als 13-Jähriger holte ihn Walter Knaller zur Admira, ehe er 2012 von Manchester City entdeckt wurde und bei den Citizens bis 2015 unterschrieb.
Mit der U19-Nationalmannschaft spielt Bytyqi derzeit bei der EM-Endrunde in Ungarn. Nach dem 3:1-Auftaktsieg gegen den Gastgeber trifft das ÖFB-Team heute (18 Uhr) auf Israel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2014)

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