Durch den Halbfinaleinzug feiert der ÖFB den größten Erfolg im Nachwuchsfußball seit Platz vier bei der U20-WM 2007. Teamchef Andreas Heraf formte innerhalb kurzer Zeit ein Topteam.
„Wir fahren zur WM, wir fahren zur WM.“ Aus der österreichischen Kabine im Ferenc-Szusza-Stadion in Budapest dröhnte ohrenbetäubender Lärm. Die Emotionen mussten raus, die Freude über das eben Erreichte war jedem einzelnen Spieler des heimischen U19-Nationalteams anzusehen. Mit einem 3:0 gegen Israel hatte die Mannschaft von Teamchef Andreas Heraf Dienstagabend das Ticket für die nächstjährige U20-Weltmeisterschaft in Neuseeland gelöst.
Zu späterer Stunde wurde es im Hotel nochmals lauter, nachdem auch der Einzug in das EM-Halbfinale feststand. Durch das 6:1 von Portugal gegen Ungarn im Parallelspiel wird das Aufeinandertreffen mit den Iberern am Freitag (18 Uhr) zum Duell um den Gruppensieg. „Das ist einer der schönsten Momente meines Lebens“, strahlte Joker Valentin Grubeck, der gegen Israel den dritten Treffer beisteuerte. Der von der Wiener Austria an Zweitligist Horn verliehene Stürmer konnte sein Glück wie viele seiner Mitspieler kaum fassen. „Wir stehen im Halbfinale einer EM. Damit konnte niemand rechnen“, schüttelte Sinan Bytyqi, Legionär bei Manchester City, ungläubig den Kopf.
Tatsächlich zeigte sich das Potenzial der Spieler des Jahrgangs 1995 erst relativ spät. Noch vor zwei Jahren hatte man gegen große Nationen teils deutliche Niederlagen bezogen, ehe „der Turnaround“ folgte, wie Heraf den Wandel beschreibt. „Entweder wir ändern Grundlegendes, oder diese Mannschaft wird bald nicht mehr existieren, geschweige denn sich für eine Endrunde qualifizieren“, mahnte der Wiener 2012.
Heraf führte seinen Spielern in aller Deutlichkeit Stärken und Schwächen vor. „Wer als Außenverteidiger in 25 Spielen bei seinem Klub nur ein Tor vorbereitet, der braucht sich bei mir nicht in die Offensive einschalten. Dann soll er sich lieber um seine Defensivaufgaben kümmern.“ Das taktische Konzept wurde rundum erneuert. Statt zu versuchen, dem Gegner spielerisch im offenen Schlagabtausch die Stirn zu bieten, wurde auf ein defensives Gerüst vertraut. „Die Festung“ war für die Konkurrenz fortan nur schwer zu überwinden.
„Eine große Entwicklung“
Von den vergangenen 14 Spielen gewann die ÖFB-Equipe elf, das Torverhältnis von 35:10 spricht Bände. In der Offensive rund um die flinken und agilen Bytyqi, Sascha Horvath und Markus Blutsch setzt das Team immer wieder Nadelstiche, betreibt konsequentes Pressing und hat gelernt, Fehler des Gegners zu bestrafen. „Und Tore resultieren fast ausschließlich aus Fehlern“, erklärt Heraf. Der 46-Jährige hätte es vor zwei Jahren selbst nicht für möglich gehalten, dass sich dieses Team für das Halbfinale einer EM qualifizieren kann, „aber sie haben allesamt eine große Entwicklung genommen. Wir sind mittlerweile schwer zu schlagen und können jeden Gegner zur Verzweiflung treiben“.
Auch ÖFB-Präsident Leo Windtner war in Budapest zugegen. Er sah den Verband „in seinem Weg bestätigt“. Vor allem die Abgeklärtheit und Effektivität vor dem Tor, welche die potenziellen A-Teamspieler zeigten, beeindruckte den Oberösterreicher. „In dieser Beziehung war die Vorstellung der Mannschaft nicht typisch österreichisch.“
U19-EUROPAMEISTERSCHAFT IN UNGARN
Gruppe A: Österreich – Israel 3:0, Portugal – Ungarn 6:1. Freitag, 18 Uhr: Österreich – Portugal, Israel – Ungarn.
Tabelle: 1. Portugal (6 Punkte/+8 Tore), 2. Österreich (6/+5), 3. Israel (0/-6), 4. Ungarn (0/-7).
Gruppe B: Deutschland – Serbien 2:2, Ukraine – Bulgarien 1:0. Freitag, 20.15 Uhr: Deutschland – Ukraine, Serbien – Bulgarien.
Tabelle: 1. Deutschland (4 Punkte/+3), 2. Ukraine (4/+1), 3. Serbien (2/0), 4. Bulgarien (0/-4).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2014)