"Fußball soll Normalität vermitteln"

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Der Klub von Rinat Achmetow spielt im Exil und will in Lemberg in der Champions League glänzen. Die Donbass-Arena ist jetzt nur noch Ziel für Raketen.

Lemberg. Das Donbass-Stadion ist das Schmuckstück der ostukrainischen Stadt Donezk. Bei der Euro 2012 stand es im Rampenlicht, es wurde als Fünfsternestadion gepriesen und tatsächlich, das mächtige „Granit-Oval“ mit prunkvoller Glasfassade, elitären VIP-Logen und 53.000 Sitzplätzen erlebte auch fünf EM-Spiele. Sonst bestreitet hier normalerweise der Klub von Oligarch Rinat Achmetow, Schachtjor, seine Ligaspiele. Doch was ist in diesen Tagen in der Ukraine noch normal? Nichts.

Die Stars von Schachtjor tragen ihre Heimspiele nun in Lemberg, 1000 Kilometer vom von prorussischen Separatisten kontrollierten Donezk, aus. Auf die Donbass-Arena wird mittlerweile geschossen, Einschläge von Granaten und Schüssen sind zu sehen. Am Samstag schlugen Raketen ein und zerstörten den Trakt mit dem Klubbüro und den Räumen, in denen früher die Spieler wohnten. Ob es Tote gab? Der Verein schweigt.

Die Liga folgt ungeachtet der Probleme ihrem Spielbetrieb. Nicht nur Schachtjor, auch Metalurg, Aufsteiger Olimpik und Luhansk (nach Saporischschja) sind längst aus Donezk geflüchtet.

Vierzehn Klubs spielen in der ersten Liga, zwei weniger als in der vergangenen Saison. Mit Aleksandar Dragović verdient ein ÖFB-Spieler sein Geld bei Dynamo Kiew. „Das Team wird Meister, das sich mit den widrigen Umständen arrangiert“, sagt Mircea Lucescu, der Schachtjor-Trainer. Er muss es wissen, der Rumäne hat viel erlebt. Doch dass Fußball gespielt wird, wenn nebenan geschossen wird, ist selbst ihm neu.

Champions League in Ukraine

Europa bleiben diese Bilder aber erspart, sein Verein trifft in der Champions-League-Gruppe H auf Porto, Borisow und Atletic Bilbao. Alle Spiele finden im 1000 Kilometer entfernten Lemberg statt. Nur deshalb, erklärt er, seien auch die sechs Südamerikaner wieder zurückgekehrt. Fünf Brasilianer und ein Argentinier hatten im Juli die Rückkehr in die Ukraine nach einem Test in Frankreich abgelehnt. Unter ihnen der WM-Spieler Fred, er sagt: „Wir hatten Angst um unser Leben.“ Dass ihnen gedroht wurde mit finanziellen Sanktionen, kehrte Lucescu unter den Tisch.

Dem Argentinier Facundo Ferreyra gelang der Absprung, er spielt nun in Newcastle. Er blieb aber die Ausnahme, denn die Gagen, die weiterhin in der Premjer Ligh bezahlt werden, sind höher als die in der Premier League. Doch die Quellen auf dem Transfermarkt versiegen, statt 130 Millionen Euro wie im Vorjahr wurden nun nur noch vor Saisonstart acht ausgegeben. Die Lust, in einem Kriegsgebiet zu spielen, die ist inexistent.

Der ukrainische Fußball lebt, weil Oligarchen wie Achmedow oder Igor Surkis sich Klubs als Spielzeug halten. Tickets kosten 90 Cents, Busfahrten werden für Fans bezahlt – das Interesse sinkt zwar, doch eine Unterbrechung ist keine Option, sagt Lembergs Bürgermeister Oleg Sinjutka. „Fußball soll der Ukraine Normalität vermitteln!“ Und so läuft es auch auf dem Rasen, nach fünf Runden ist Schachtjor (3:0 gegen Mariupol) ungeschlagen Nummer ein. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

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