"Unentschuldbar": Uefa ermittelt zu Eklat in Belgrad

Prügelei am Feld
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Während Uefa und Fifa die Ausschreitungen aufs Schärfste verurteilten, wurden Albaniens Spieler in der Heimat als Helden gefeiert.

Die am Dienstag abgebrochene EM-Qualifikationspartie zwischen Serbien und Albanien in Belgrad war als Hochrisikospiel eingestuft worden. Dass es dann aber zu einem Skandal kam, übertraf die schlimmsten Befürchtungen. Während die Uefa die Gewalt aufs Schärfste verurteilte bzw. Ermittlungen einleitete und die Serben eine albanische Provokation orteten, wurden die Albaner daheim als Helden empfangen.

Gegen die plötzlich heranschwebende Drohne mit der großalbanischen Fahne konnten auch 3.500 serbische Polizisten am Boden nichts mehr ausrichten. Der Abbruch des Spiels beim Stand von 0:0 kurz vor der Pause hat urplötzlich wieder die gespannten Beziehungen der beiden Nachbarn in den Mittelpunkt gerückt und Fifa-Präsident Joseph Blatter sowie Uefa-Boss Michel Platini gleichermaßen entsetzt. Beide Verbandschef warnten, der Fußball solle niemals für politische Botschaften benutzt werden.

"Ich missbillige zutiefst, was letzten Abend in Belgrad geschehen ist", schrieb Blatter, der Schweizer Boss des Fußball-Weltverbandes, am Mittwoch via Twitter angesichts der Jagdszenen im Partizan-Stadion. Platini erinnerte daran, dass der Fußball die Menschen zusammenbringen und nicht mit Politik jeglicher Art vermischt werden solle. "Die Szenen in Belgrad waren unentschuldbar", erklärte der Franzose.

Uefa leitet Disziplinarverfahren ein

Die Uefa ermittelt gegen beide Verbände wegen der Prügeleien zwischen den Spielern und Zuschauern. Ein Eintreffen der vollständigen Sonderberichte des Schiedsrichters und der Spielbeobachter wurde aber erst im Laufe des Mittwochs erwartet. Die Verbände haben jedenfalls bis nächsten Mittwoch Zeit für eine Antwort.

Zumindest in serbischen Medien wurde eine Mitschuld der Uefa diskutiert. Während politische Kontrahenten wie zum Beispiel Spanien und Gibraltar in verschiedenen Gruppen spielten, habe man im Falle Serbiens und Albaniens den Auftritt der jahrzehntelangen politischen Erzfeinde in einer gemeinsamen Ausscheidung zugelassen. Allerdings waren in Belgrad keine albanischen Fans erlaubt.

Serbischer Minister: "Geplante Provokation"

Serbiens Außenminister Ivica Dacic sprach von einer sorgsam geplanten Provokation albanischer Extremisten. "Serbien trägt keinerlei Verantwortung für den Spielabbruch", sagte der Spitzenpolitiker der größten Zeitung "Blic" am Mittwoch in Belgrad. "Besonders problematisch ist die Tatsache, dass das der Bruder des albanischen Premiers getan hat, der hier Gast sein sollte." Albaniens Regierungschef Edi Rama will am 22. Oktober als erster Premier seines Landes nach fast 70 Jahren erstmals Belgrad besuchen.

Bei seinem Bruder Olsi sei die Fernsteuerung für die Drohne gefunden worden, berichteten serbische Medien unter Berufung auf die Polizei. Olsi Rama sei in der VIP-Loge des Stadions vorübergehend festgenommen worden. Rama, der einen US-Pass besitze, sei aber schnell wieder freigelassen worden und habe gemeinsam mit der albanischen Nationalmannschaft noch in der Nacht das Land per Flugzeug verlassen. Er bestritt allerdings jede Verwicklung in den Skandal.

Der serbische Fußballverbands-Vize Goran Milanovic bediente sich in der Belgrader Zeitung "Informer" eines drastischen Vergleichs: "Stellen Sie sich nur mal eine Situation vor, in der Israel Deutschland in Tel Aviv empfängt und jemand eine Hakenkreuzfahne mit dem Kopf Adolf Hitlers entrollt. Etwas Ähnliches hat sich gestern Abend im Partizan-Stadion ereignet."

Empfang mit Feuerwerk und Gesängen

In Tirana und in der Kosovo-Hauptstadt Pristina feierten die Menschen ihre Stars mit Feuerwerken, Hupkonzerten und Fangesängen. Vizeregierungschef Niko Peleshi und Sportministerin Lindita Nikolla begrüßten die zurückgekehrte Mannschaft am frühen Mittwoch.

Alle Albaner könnten stolz sein auf das Team, das aus "Helden des Tages" bestehe, sagten die beiden Spitzenpolitiker vor jubelnden Fans. Die gesamte Regierung stehe hinter der Mannschaft. Die albanische Nation könne stolz sein "auf die Werte, die die Spieler auf dem Rasen gezeigt haben". In der geteilten Kosovo-Stadt Mitrovica mussten starke Polizeiverbände Hunderte aufgebrachte Serben und Albaner auseinanderhalten.

In Wien-Ottakring konnte die Polizei Krawalle zwischen beiden Volksgruppen gerade noch verhindern. Es wurden 30 Anzeigen erstattet.

(APA/dpa)

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