Borussia Dortmund: Der Krisenmanager wird ungeduldig

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Dortmund-Trainer Jürgen Klopp wirkt nach den jüngsten Bundesligapleiten ratlos. In der Champions League hingegen steht sein Team gut da. Das macht Mut für das Duell am Bosporus.

Dortmund/Wien. Jürgen Klopp hat schon bessere Zeiten erlebt. Er wirkt ausgebrannt, das Bild, das er in den vergangenen Tagen abgegeben hat, sagt so einiges über sein Innenleben aus. Er erweckt den Eindruck eines desillusionierten Trainers, der Dreitagesbart und die tief ins Gesicht gezogene gelbe Kappe runden den Eindruck ab. Seit 2008 ist er Cheftrainer bei Borussia Dortmund, er ist der mit Abstand dienstälteste Betreuer in der deutschen Bundesliga. In diesen sechs Jahren ist in Dortmund viel passiert. Aber heuer sieht sich Klopp mit einer hartnäckigen Krise konfrontiert. In der Tabelle ist der Großklub, der zum ewigen Bayern-Rivalen und Herausforderer werden wollte, abgestürzt. Der Titel ist nach nur acht Spieltagen verloren, der Rückstand auf die Münchner beträgt 13 Punkte. Sogar Paderborn und Köln waren bislang erfolgreicher.

Die Auftritte in der Liga sind eine Sache, in der Champions League hingegen haben sich die Westfalen bisher keine Blößen gegeben – Sieg gegen Arsenal, Sieg gegen Anderlecht. Zwei Bewerbe, zwei unterschiedliche Welten. Die Diskrepanz kann sich Jürgen Klopp nicht erklären. Rätselhaft nahezu. Heute gastiert Dortmund in Istanbul bei Galatasaray – nicht gerade das ruhigste Pflaster. Und die Türken strotzen vor Selbstvertrauen, Galatasaray hat von den vergangenen 19 Europacup-Heimspielen nur drei verloren. Und obendrein die Generalprobe am Wochenende für sich entschieden – 2:1 im Derby gegen Fenerbahce. Matchwinner war der Niederländer Wesley Sneijder. Er sagt: „Für uns ist es verdammt wichtig, einen Sieg einzufahren, um weiter die Chance auf das Achtelfinale zu haben.“

„Müssen die Wende schaffen“

Die Dortmunder sehnen sich nach der Wende, der schlechteste Bundesligastart seit 27 Jahren drückt aufs Gemüt. „Wir können die Tür zum Achtelfinale weit aufstoßen und uns Sicherheit für die Liga holen“, sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Etwas deutlicher wird Verteidiger Neven Subotić: „Der Druck ist enorm groß. In dieser Phase sind Erfolgserlebnisse sehr wichtig. Wir müssen alles geben und die Wende schaffen.“ Jürgen Klopp mahnt: „Wir müssen uns zusammenraufen. Aber bis jetzt haben wir den Kniff noch nicht gefunden. Die Zeit nach unserer Form zu suchen, haben wir leider nicht.“

Manager Michael Zorc hofft, dass die verunsicherten Profis in der Champions League Mut für die neuen Aufgabe in der Bundesliga schöpfen. „Wir müssen jetzt bei Galatasaray punkten und mit dem daraus entstehenden Rückenwind in das megawichtige Heimspiel gegen Hannover gehen!“

Klopp muss die größte Krise, die er bisher bei Dortmund erlebt hat, beenden. Der Klub steht nach wie vor felsenfest hinter ihm, Dortmund ist eine nationale und internationale Größe. Und die Qualitäten des Trainers sind hinlänglich bekannt. Dennoch hat er zuletzt begonnen, sich selbst zu hinterfragen. Wenn er merke, dass es vielleicht an ihm liegen könnte, dann würde er die Konsequenzen ziehen.

Den Dortmundern ist in der Liga so ziemlich die Luft ausgegangen. Die Hälfte der Kaderspieler ist nicht fit, zuletzt haben sogar Weltmeister Hummel und Torhüter Weidenfeller (14 Gegentore) gepatzt. Zeit, um das alles zu analysieren, hat Klopp nicht. Denn die Terminhetze geht weiter. Was dem Trainer ein Dorn im Auge ist. Das Emotionsbündel wird ungeduldig. Auch, weil das Saisonziel in Gefahr ist. Seit 2011 qualifizierte sich Dortmund immer direkt für die Champions League. Um das heuer zu schaffen, müssen langsam Siege her. Und ohne Titel und/oder Eliteliga-Teilnahme wird Marco Reuss nur schwer zu halten sein. Im kommenden Sommer dürfte er um 25 Millionen Euro gehen. Die Summe ist festgeschrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2014)

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