Fifa-Film: Missglückte Selbstbeweihräucherung

(c) REUTERS (MAXIM SHEMETOV)
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Die Fifa gerät wegen ihres Imagefilms "United Passions"zunehmend unter Druck. In den Kinosälen herrscht gähnende Leere, die Kosten laufen aus dem Ruder.

Zürich. Eigentlich sollte es eine große Sache werden. Bei der Premiere von „United Passions“ auf dem Filmfestival in Cannes posierte Fifa-Boss Sepp Blatter mit Gérard Depardieu auf dem roten Teppich. Blitzlichtgewitter, Schlagzeilen. Irgendwo auf den Fluren der Fifa muss die Idee entstanden sein, den Verband auf der Kinoleinwand ins rechte Licht zu rücken. Sepp Blatter mag es gern glamourös und großformatig. Ein Imagefilm sollte her, am besten ein Blockbuster. Unter der Regie von Frédéric Auburtin wurde schließlich ein aufwendiger Film gedreht, mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle als Fifa-Präsident Jules Rimet. Sepp Blatter wird von Tim Roth gespielt, bekannt geworden durch „Pulp Fiction“. Die Besetzung ist an sich schon grotesk.

„United Passions“ zeichnet in samtigen Strichen ein heldenhaftes Epos des Weltfußballverbands. Von den Anfängen mit Jules Rimet, der mit fein gezwirbeltem Schnurrbart seine visionäre Vorstellung vom Fußball präsentieren darf, bis hin zu Sepp Blatter, der als smarter Geschäftsmann im Renault Alpine herumkurvt und lukrative Verträge mit Adidas unterzeichnet. Die Fifa-Geschichte wird extrem verklärt. Und der Film bedient billige Klischees: Männer, die besonders französisch wirken sollen, gründen bei Käse und Wein die Fédération Internationale de Football Association und halten sich kameradschaftlich die Hände.

Es gehört eine Portion Chuzpe dazu, ein Drehbuch zu schreiben, in dem Funktionäre als Helden dargestellt werden und die eigentlichen Akteure, die Fußballer von Pelé bis Maradona, im Schatten stehen. Man könnte es wohlwollend die Kunst des Weglassens nennen. Kein Wort über Korruption und Bestechlichkeit. Es gibt keinen Jack Warner und Ricardo Teixeira. Mohamed bin Hammam, der Ex-Vizepräsident, der Funktionäre mit 3,7 Mio. Euro geschmiert haben soll, wird mit keiner Silbe erwähnt. Stattdessen: schöne Bilder, heroische Posen, jubelnde Zuschauer.

Der Film ist eine unsägliche Selbstbeweihräucherung. Sepp Blatter sagt in dem Film: „Der kleinste Bruch von Ethik wird hart bestraft werden.“ Man weiß nicht, ob das Ironie oder Ernst ist. Regisseur Auburtin sagte im französischen Fernsehen, dass er den Film zum Teil ironisch verstanden wissen will. Der Film fiel bei Kritikern durch. Die englische Presse hat ihn verrissen. „Pure Propaganda“, befand die Zeitung „The Telegraph“ in einer Besprechung. Auf der Internet Movie Database (IMDB) erhielt er eine Durchschnittsbewertung von 3,1 von zehn. Schlechter geht es kaum. Und auch an den Kinokassen floppte der Film.

Unfreiwillige Komik

In Russland, wo 2018 die nächste WM stattfinden wird, spielte der Streifen lediglich 127.000 Euro in die Kassen. Im fußballbegeisterten Portugal, wo der Film auch gezeigt wurde, waren es 5000 Euro, in Serbien 2500 Euro. In Ungarn und Slowenien waren die Einnahmen so gering, dass sie nicht einmal extra ausgewiesen wurden. Als der Streifen kürzlich auf dem Zurich Filmfestival gezeigt wurde, war der Saal mit 500 Plätzen gähnend leer. 22 Franken (ca. 18 Euro) wollte kaum ein Zuschauer für ein Laientheater bezahlen. In Frankreich kam der Film erst gar nicht in die Kinos, sondern wurde gleich auf DVD veröffentlicht.

Fast 25 Mio. Euro soll der Film gekostet haben, 90 Prozent des Budgets stammen aus der Fifa-Kasse. Die Frage ist, warum der Weltverband so viel Geld für einen Film ausgibt, den kaum jemand sehen will. Das Geld hätte man besser in das Goal-Programm zur Förderung von Fußballprojekten in armen Ländern stecken können, lautete die Kritik.

In einem offenen Brief bezeichnete Generalsekretär Jérôme Valcke den Film als „offen, selbstkritisch und höchst sehenswert“, als „Teil eines Reformprozesses“. Eine groteske Sichtweise, Selbstkritik sieht anders aus. Wie kann man die misslungene PR-Kampagne als Reformprozess bewerten? Valcke, ein enger Vertrauter Blatters, ist an einer Aufarbeitung der Vergangenheit mit all den Korruptionsskandalen offensichtlich wenig interessiert.

Für unfreiwillige Komik sorgte der Film dann gegen Ende, als der von Tim Roth gespielte Blatter von einem Mitarbeiter gewarnt wird, sein Name könne durch den Dreck gezogen werden. Darauf Blatter: „Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Ich habe keine Angst vor Dreck.“ Ob der Film in die österreichischen Kinos kommt, ist unklar. Den Verlust von 21 Mio. Euro wird die Fifa bei Rücklagen von zwei Mrd. Franken verkraften. Und einen Oscar erwartet Sepp Blatter wohl ohnehin nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2014)

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