Cristiano Ronaldo: Die magnetische Anziehungskraft

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BRITAIN SOCCER FRIENDLY(c) APA/EPA/JOSE SENA GOULAO (JOSE SENA GOULAO)
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Was fasziniert die Menschen an CR7? Manager Luis Correia über das Phänomen Cristiano Ronaldo in den sozialen Netzwerken.

Herr Correia, Cristiano Ronaldo hat inzwischen die weltweit größte Fangemeinschaft. Auf Facebook bringt er es auf 102 Millionen Likes, auf Twitter folgen ihm mehr als 31 Millionen Menschen. Tencent (zwölf Mio.), Instagram (neun Mio.) und Google+ (4,7) machen den portugiesischen Superstar zum beliebtesten Sportler und zur unumstrittenen Nummer eins im Netz. Waren Sie von Ronaldos Erfolg in den sozialen Netzwerken von Anfang an überzeugt?

Luis Correia: Nein. Wir hatten sogar Bedenken oder zumindest Respekt. Damals, 2009/2010, war alles noch ziemlich neu. Wir konnten auf keine ausreichenden Erfahrungswerte zurückgreifen. Wir wussten lediglich: Was immer Cristiano sagt, kann gewaltige Folgen haben. Was aber, wenn er Fehler macht oder womöglich falsch interpretiert wird? Der Schuss kann auch schnell nach hinten losgehen.

Was hat letztendlich den Ausschlag gegeben?

Wir wollten Cristiano so zeigen, wie er ist – ohne Filter. Die Marke Ronaldo polarisiert stark. Es gibt nur Schwarz oder Weiß. Die Fans vergöttern ihn oder lehnen ihn ab. Wir wollten Cristiano begreifbar machen. Vor allem für die Kinder und Teenager. Diese erreichst du nur über die sozialen Netzwerke. Insofern war klar: Wir müssen dabei sein.

Konnten Sie die Dimensionen, die sein Auftritt annehmen würde, abschätzen?

Nein, überhaupt nicht. Wir hatten schon etwas Großes erwartet. Doch wir müssen zugeben, dass wir dann von der tatsächlichen Dimension überrascht waren. Ich erinnere mich an ein lustiges Gespräch mit Experten für soziale Medien, die meinten, Cristiano könnte eines Tages die Zehn-Millionen-Grenze sprengen. Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Portugal. Unglaublich, dachten wir: Das schien gigantisch!

Ronaldo hat 2010 bei der Weltmeisterschaft in Südafrika mit Postings auf Facebook begonnen. War er gleich begeistert von dem neuen Medium?

Der 4. Juli 2010 und die Bekanntgabe der Geburt seines Sohnes auf Facebook und Twitter waren der Durchbruch. Es gab damals Gerüchte, dass Cristiano Vater geworden sei. Cristiano war damals mit der Nationalmannschaft in Südafrika, und wir mussten schnell eine Entscheidung treffen. Wir haben sehr gründlich überlegt. Was machen wir jetzt? Bestätigen wir die Geburt in Form einer klassischen Presseaussendung? Geben wir einer Zeitung ein exklusives Statement dazu? Oder soll Cristiano vor die Kameras treten? Letztendlich haben wir uns für Facebook und Twitter entschieden und mit einer klaren Botschaft die meisten Menschen erreicht. „It is with great joy and emotion that I inform you that I have recently become the father to a baby boy.“ Die Resonanz war sehr gut. Da hat auch Cristiano realisiert, wie wichtig und hilfreich dieses Tool für ihn in der Zukunft sein kann.

Was fasziniert die Menschen am meisten?

Wir denken, dass Cristiano als Person die Menschen am meisten interessiert. Wenn er Privates postet, Fotos von sich und seinem Sohn, vom Abendessen mit seiner Freundin, oder wenn er vor dem Fernseher bei einem Teller Spaghetti Fußball schaut, schlägt der Pegel immer noch am stärksten aus. Natürlich gilt es, den richtigen Mix und die Balance zwischen persönlichen, kommerziellen und sportlichen Postings zu finden. Das ist dann unsere Aufgabe.

Ronaldo ist eine Weltmarke. Wie stark spricht er Frauen im Netz an?

Das Verhältnis ist 78 Prozent Männer zu 22 Prozent Frauen. Es gibt aber keinerlei strategische Zielgruppen-Überlegungen. Cristiano versucht im Netz, so natürlich und persönlich wie nur möglich zu sein.

Was war das beliebteste Posting?

Das war am 23. Oktober, ein Selfie mit seinem neuen Schuh. Dieses Foto bekam schon mehr als 3,8 Millionen Likes. Das Ganze hat mittlerweile unglaubliche Ausmaße angenommen. Die persönlichen Postings, beispielsweise ein Foto mit seinem Sohn zum Kindertag, sind auch extrem beliebt.

Laut der Marktforschungsagentur Repucom kennen 84 Prozent der Weltbevölkerung Cristiano Ronaldo. Die meisten Fans hat er in Indonesien, gefolgt von Brasilien. Seine Bekanntheit reduziert sich nicht auf einzelne Länder, was laut Studie weiteres Wachstumspotential ermöglicht. Lässt sich seine Popularität in Umsatzzahlen darstellen?

Die direkte Monetarisierung in den sozialen Netzwerken ist weiter schwierig. Wie viele andere versuchen auch wir, aus dem Auftritt im Netz direkt Gewinn zu ziehen. Wir sind hier in ein paar interessante und innovative Projekte involviert. Aber das ist gar nicht unser primäres Ziel.

Sondern?

Cristiano geht es vorrangig um die direkte Kommunikation und Interaktion mit seiner Anhängerschaft. Natürlich wollen wir die Marke Ronaldo pflegen und hegen. Dazu gehört die Emotionalisierung und die Möglichkeit, ihn im Netz zu erleben und persönlich kennenzulernen und einige Momente seines Lebens zu teilen. Dafür haben wir eigens die digitale Plattform Viva Ronaldo ins Leben gerufen – mit exklusiven Inhalten über alle Aktivitäten von Cristiano. Alles andere – und damit meine ich die Kommerzialisierung – kommt danach.

Am 14. Oktober 2014 hat Ronaldo die 100-Millionen-Likes-Schallmauer auf Facebook durchbrochen. Lediglich Shakira hat noch fünf Millionen mehr. Im sozialen Netz hat CR7 mehr Fans als Manchester und Chelsea zusammen. Übrigens auch mehr als CNN und die „New York Times“, mehr als Coca-Cola, Nike, MCDonald's und mehr als die US-Sportstars Johnson, Michael Jordan und Lebron James. Mit seinen Facebook-Fans könnte Ronaldo 1170 Mal das Stadion von Real Madrid füllen. „Yahoo sport“ schreibt dennoch: „Das ist alles erst der Vorläufer zur unvermeidlichen Religion Ronaldo.“ Wo soll das hinführen?

Lassen wir uns überraschen (schmunzelt). Die Entwicklung zeigt auf jeden Fall die Macht und die Möglichkeiten des einzelnen Starspielers. Heute gibt es eine zweite Schicht von Anhängern, die ihren Lieblingsspieler mehr verehren als den Verein, den sie unterstützen. Cristiano spricht nicht nur Fans von Real Madrid an, sondern auch jene von den Vereinen, für die er zuvor aktiv war, wie zum Beispiel Manchester United oder Sporting Lissabon, aber auch andere. Cristiano kann mit einem riesengroßen Publikum direkt kommunizieren. Das bringt einen Mehrwert für alle seine Partner.

Steckbrief

Luis Correia
Der Portugiese Luis Correia studierte Wirtschaft und arbeitete anfangs in einer Bank und in der Telekommunikationsbranche. Im Jahr 2000 wechselte er zur Agentur Gestifute, einer der führenden Spielermanageragenturen weltweit. Die Agentur vermarktet neben Cristiano Ronaldo unter anderem Chelsea-Trainer José Mourinho und die kolumbianischen Stürmer James Rodríguez (Real Madrid) und Radamel Falcao (Manchester United) wie auch den Argentinier Ángel di María.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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