Ein Kandidat für höhere Aufgaben

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Alessandro Schöpf fehlte beim hochkarätig besetzten FC Bayern die Perspektive. Deshalb entschied sich der 20-jährige Tiroler im Sommer zu einem Wechsel nach Nürnberg, wo er regelmäßig Talentproben abliefert.

Nürnberg/Wien. Nach dem Abstieg des 1. FC Nürnberg aus der Bundesliga mussten sich die Franken im Sommer neu formieren, der wichtigste Leistungsträger in der zweithöchsten Spielklasse ist mit Alessandro Schöpf seitdem ein junger Österreicher. Mit vier Toren und vier Vorlagen in 17 Spielen ist Schöpf zweitbester Scorer seines Teams, das heute zum Abschluss der Hinrunde Lokalrivalen Fürth empfängt. Seit der Entlassung des glücklosen Franzosen Valérien Ismaël Mitte November wird Schöpf vom Schweizer René Weiler trainiert. Wie schon Ismaël setzt auch Weiler uneingeschränkt auf den 20-Jährigen, dessen Entwicklung ligaweite Beachtung findet.

Denn in den vergangenen zwei Saisonen spielte Schöpf für Bayern München II noch in der vierten Spielklasse. In dieser war der Tiroler eine fixe Größe, durfte sich in Trainings mit der ersten Mannschaft auch Starcoach Pep Guardiola präsentieren. Der Kampf um einen Platz in der mit Superstars gespickten Mannschaft des Rekordmeisters schien für den Youngster dennoch aussichtslos.

„Bayern ist ein Weltklub mit vielen großen Spielern. Sich dort als Junger durchzusetzen, ist unheimlich schwierig. Selbst die Bank ist noch hochkarätig besetzt“, sagt der U21-Teamspieler im Gespräch mit der „Presse“.

Zukunftsmusik

Im Sommer sehnte sich Schöpf deshalb nach einer Veränderung. Er sah kein Licht am Ende des Tunnels, kein Vorbeikommen an den Ribérys und Robbens. Andere Klubs wurden hellhörig, neben Nürnberg signalisierte auch Mönchengladbach Interesse, die Borussia konnte sich mit Bayern aber nicht auf einen Transfer einigen.

Heute ist Schöpf glücklich darüber, in Nürnberg gelandet zu sein. In der „besten zweiten Liga der Welt“ kann sich der Ötztaler Woche für Woche auf hohem Niveau beweisen. Er selbst sagt: „Ich will jeden Tag besser werden.“ Beim Klub unterschrieb der offensive Mittelfeldspieler einen Vertrag bis 2017, in den nächsten beiden Jahren besitzt Bayern allerdings eine Rückkaufoption. Schöpf will nicht darüber spekulieren, wann er in Zukunft wo spielen könnte. „Für mich zählt nur das Hier und Jetzt.“

Schöpf gehört zu den Vertretern jener Garde von jungen Fußballern, die früh ihr Glück im Ausland gesucht haben. Mit 15 Jahren verlässt er die Tiroler Fußballakademie in Innsbruck, nachdem er von Bayern zuvor einige Male beobachtet und für besonders talentiert befunden wurde. Die ersten Wochen in München ohne Eltern und Freunde sind eine Bewährungsprobe der besonderen Art, „plötzlich war ich ganz allein“. Auch Trainingseinheiten an der berühmten Säbener Straße ringen dem jungen Burschen Respekt ab. „Da ging mir schon ein bisschen die Düse“, gesteht Schöpf, der im Bayern-Internat das Zimmer mit David Alaba teilte.

Kindheitsträume

Doch irgendwann trennen sich die sportlichen Wege der beiden Freunde. Während Alaba über den Umweg Hoffenheim tatsächlich in der Kampfmannschaft landet, läuft sich Schöpf trotz guter Leistungen in der zweiten Garnitur der Münchner fest. Nürnberg sieht er deshalb als perfekte Station. „Womöglich hätte ich sonst noch ein oder zwei Jahre bei Bayern II gespielt, dann bleibst du irgendwann in deiner Entwicklung stehen. Aber ich wollte höherklassiger spielen, etwas dazulernen.“

Wie jeder junge Spieler hat auch Alessandro Schöpf Träume, die ihn jeden Tag antreiben, ihn zu Höchstleistungen motivieren. Der aus der 3000-Seelen-Gemeinde Umhausen stammende Schöpf will „irgendwann einmal in der Champions League spielen. Wenn man die Hymne hört, ist das Gänsehaut pur.“ Neben der Teilnahme an der Königsklasse des europäischen Klubfußballs verfolgt Schöpf einen zweiten Kindheitstraum: das Nationalteam. Teamchef Marcel Koller hat den Kreativgeist in der Hinrunde bereits im Stadion beobachtet, zu einem persönlichen Gespräch ist es bislang allerdings nicht gekommen.

Dass andere Zweitligaspieler wie Rubin Okotie (1860 München), Lukas Hinterseer oder Ramazan Özcan (beide von Tabellenführer Ingolstadt) unter dem Schweizer Aufnahme im A-Team gefunden haben, macht Schöpf Mut. Ein Anruf des deutschen Fußballbundes wäre übrigens sinnlos. „Meine Wurzeln sind in Österreich. Für mich kommt definitiv nichts anderes infrage.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2014)

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