FC Parma: Die Streikdrohung der Trikotwäscher

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Der italienische Erstligist FC Parma hat fast 100 Millionen Euro Schulden und blickt einem Konkursverfahren entgegen. Seit Monaten warten die Spieler auf Gehälter, müssen auf Warmwasser verzichten und sich selbst um ihre Dressen kümmern.

Parma/Wien. Sein Tafelsilber hat der FC Parma schon verscherbelt. Gleich neun Profis verließen den italienischen Erstligisten in der Winterpause, Antonio Cassano löste seinen Vertrag sogar auf, ohne einen neuen Verein zu haben. Es war die Flucht aus dem Chaos, dessen Auswüchse inzwischen jede Dimension sprengen. Vom Glanz der 1990er-Jahre mit zwei Uefa-Cup-Siegen ist beim abgeschlagenen Tabellenletzten nichts mehr übrig.

Auf 96,5 Millionen Euro belaufen sich Parmas Schulden, die italienischen Steuerbehörden fordern allein 16 Millionen. Seit Juli haben die Spieler keine Gehälter mehr erhalten, sie müssen mit kaltem Wasser duschen und ihre Trikots selbst waschen. Seit vergangenem Sonntag ist der 1913 gegründete Verein quasi auch heimatlos. Kein Geld für Strom oder Personal, somit blieben die Tore des ehrwürdigen Stadio Ennio Tardini versperrt, das Spiel gegen Udinese wurde abgesagt. Die Einrichtungsgegenstände sollen demnächst unter den Hammer kommen.

„Wegen Raubes geschlossen“ stand auf den Plakaten, die die Tifosi an die Zäune hängten. Ihr Zorn richtet sich gegen Ex-Präsident Tommaso Ghirardi. Der Unternehmer hatte den Klub 2007, drei Jahre nach dem ersten Konkurs, übernommen und entpuppte sich nun als genauer Widerpart seines Vorgängers Calisto Tanzi. Dieser hatte in den 1990er-Jahren Millionen von den Konten des Parmalat-Imperiums in den Klub gepumpt, diesen damit in neue Höhen und den Konzern in den Ruin geführt. Ghirardi dagegen hat in den sieben Jahren seiner Präsidentschaft dem Klub offensichtlich Millionen entzogen.

Verband und Liga schauten zu

Als Sechster der abgelaufenen Serie-A-Saison war Parma eigentlich für die Europa League qualifiziert, doch die Uefa zog im Sommer die Notbremse und verweigerte dem Klub die Lizenz. Präsident Ghirardi verkaufte daraufhin im Dezember seine Anteile an russisch-zyprische Investoren, die sie nur einen Monat später für einen symbolischen Euro an den Marketing-Berater Giampietro Manenti, der bereits bei Brescia als Investor gescheitert ist, weitergaben. Der italienische Verband und die Liga hatten sich mit einem Punkt Abzug begnügt und wurden erst wieder aktiv, als die Staatsanwaltschaft vergangene Woche das Konkursverfahren einleitete. Das schwindlige Konzept: ein Rettungspaket über fünf Millionen Euro.

13 Punkte fehlen Parma derzeit auf einen Nichtabstiegsplatz, ein Neustart in der Serie B wäre aber noch das Optimum. Schließlich droht die Versetzung in die Amateurliga. Kapitän Alessandro Lucarelli hat bereits angekündigt, seinem Herzensklub in jedem Fall beizustehen: „Parma ist tief in mir drin.“ Willenlos wollen er und seine Teamkollegen sich aber nicht dem Schicksal ergeben. Genehmigt die Liga die Verschiebung des Spiels am Sonntag in Genua nicht, „sind wir bereit zu streiken“, erklärte Lucarelli. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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