Späte Erlösung für Niederlande und Italien

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Montenegro fürchtet nach dem Spielabbruch gegen Russland die Konsequenzen. Der mutmaßliche Leuchtraketenwerfer stellte sich der Polizei.

Amsterdam/Sofia. Den Niederlanden droht bei der Europameisterschaft in Frankreich 2016 die Zuschauerrolle. In Amsterdam reichte es gegen die Türkei nur zu einem 1:1. Den Punkt rettete Kapitän Wesley Sneijder mit einem abgefälschten Schuss erst in der 92. Minute. Damit rangieren die Niederländer in Gruppe A nur auf dem dritten Tabellenplatz und haben bereits sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer Tschechien (1:1 gegen Lettland) bzw. fünf Punkte auf die zweitplatzierten Isländer (3:0 in Kasachstan).

Ohne die verletzten Arjen Robben und Robin van Persie versprühten die Niederländer wenig jenes Spielwitzes, der ihnen bei der WM in Brasilien noch den dritten Platz gebracht hatte. Nach dem Gegentor von Burak Yilmaz (37.) steuerten sie gar auf ihre erste Heimpleite im 52. EM-Qualifikationsspiel zu, ehe Sneijder für die später Erlösung sorgte. Bondstrainer Guus Hiddink versuchte sich trotz der matten Vorstellung in Optimismus. „Wir werden es schaffen, auch wenn ich jetzt noch nicht sicher bin, wie“, sagte der 68-Jährige, der im Sommer die Nachfolge des streitbaren Luis van Gaal angetreten hatte. „Meine Mannschaft hat alles gegeben, aber es war ein schlechtes Spiel. Natürlich wollten wir gewinnen, aber vielleicht wird dieser Punkt am Ende der Qualifikation noch ein ganz wichtiger sein.“

Auch Italien musste beim 2:2 in Bulgarien lange zittern. Dabei war die Squadra Azzurra durch ein Eigentor von Jordan Minew (4.) früh in Führung gegangen, die Hausherren schafften durch Iwelin Popow (11.) und Ilian Micanski (17.) aber rasch die Wende. Ausgerechnet der gebürtige Brasilianer Eder traf nach seiner Einwechslung noch zum späten Ausgleich (84.) und verlieh der im Vorfeld aufgekommenen Diskussion um ausländische Spieler im Nationalteam eine humoristische Note. Kroatien gelang ein ungefährdeter 5:1-Heimsieg gegen Norwegen, und es führt die Gruppe H mit zwei Punkten Vorsprung auf Italien an.

In Gruppe B liegt Wales nach dem 3:0-Erfolg in Israel voran. Die weiter ungeschlagenen Briten konnten in Haifa auf ihre Stars vertrauen. Gareth Bale bereitete den ersten Treffer durch Arsenals Aaron Ramsey (45.+1) vor, ehe der Angreifer von Real Madrid mit einem perfekten Freistoß (50.) selbst zuschlug. Bale setzte nach Pass von Ramsey auch den Schlusspunkt (77.). Bei den Israeli sah Eitan Tibi für zwei Fouls an Bale innerhalb von nur drei Minuten die Gelb-Rote Karte (51.).

Bestürzung in Montenegro

In Montenegro herrschte nach dem Spielabbruch gegen Russland am Freitag immer noch Bestürzung. „Wir haben einen barbarischen Eindruck hinterlassen, das ist ein komplettes Desaster“, meinte Verbandsgeneralsekretär Momir Djurdjevac. Rund 20 Sekunden nach Anpfiff war der russische Tormann Igor Akinfejew von einem Feuerwerkskörper am Hinterkopf getroffen worden und musste verletzt ausgetauscht werden. Überraschend pfiff der deutsche Schiedsrichter Deniz Aytekin die Partie noch einmal an, ehe auf den Rasen fliegende Gegenstände in der 67. Minute für den endgültigen Abbruch sorgten. „Meine Spieler sind total verstört, uns allen fehlen die Worte“, hatte sich Teamchef Branko Brnović bereits unmittelbar danach entschuldigt.

Akinfejew, der eine Nackenverletzung und kleinere Brandwunden erlitt, gab inzwischen aus dem Krankenhaus Entwarnung. „Ich möchte mich bei allen bedanken. Ich fühle mich jetzt gut.“ Der mutmaßliche Übeltäter hat sich unterdessen den Behörden gestellt. Der 25-Jährige sei anhand von Videoaufzeichnungen identifiziert worden und habe in Anwesenheit eines Anwalts der Polizei seine Tat gestanden, teilte das montenegrinische Innenministerium mit.

Russlands Verband wird bei der Uefa Protest einlegen. „Das Spiel hätte nicht fortgesetzt werden dürfen, nachdem Akinfejew von dem Feuerwerkskörper getroffen wurde“, kritisierte Nationaltrainer Fabio Capello. Die Uefa wartet die offiziellen Berichte ab und leitet dann ein Disziplinarverfahren ein. Montenegro drohen neben der Strafverifizierung der Partie eine saftige Geldstrafe sowie Geisterspiele. Djurdjevac befürchtete gar das Schlimmste: „Wir werden uns von einem großen Turnier verabschieden müssen.“

Es war bereits das zweite Mal, dass unschöne Bilder aus der EM-Qualifikation um die Welt gingen. Im Oktober wurde das Spiel zwischen Serbien und Albanien nach Ausschreitungen abgebrochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2015)

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