Bayern vs. Porto: Die Stunde des spanischen Heilsbringers?

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Champions League: Der FC Bayern muss gegen Porto einen Zwei-Tore-Rückstand wettmachen. Es könnte der Abend von Guardiolas zurückgekehrtem Lieblingsspieler Thiago werden.

München. Im Viertelfinalrückspiel der Champions League muss der FC Bayern am Dienstag vor heimischer Kulisse gegen Porto einen 1:3-Rückstand aus dem Hinspiel aufholen (20.45 Uhr, live ZDF). Im Parallelspiel verteidigt Barcelona ein 3:1 gegen Paris St. Germain.

Es sind ungewöhnliche Verhältnisse für die Bayern, die seit 2010 dreimal im Endspiel gestanden sind. „Um ins Finale zu kommen, muss man solche Situationen überstehen“, sagte Trainer Pep Guardiola, der wegen der Münchner Verletztenmisere auf zahlreiche Stammkräfte, darunter David Alaba, verzichten muss. „Ich entscheide meine Aufstellung immer in der letzten Stunde vor dem Spiel – 50:50 zwischen Kopf und Bauch.“ Eine Personalie ist aber unbestritten: Thiago Alcântara. Im Hinspiel in Porto erzielte der Spanier, 24, das einzige Tor der Bayern. Anschließend hat ihn Guardiola beim 2:0-Sieg in der Liga bei Hoffenheim geschont. Er soll am Dienstag für jene Dynamik sorgen, die zuletzt gefehlt hat.

Erst vor wenigen Wochen gab der erklärte Lieblingsspieler von Guardiola sein Comeback nach 371 Tagen ohne Fußballspiel. Seine Verletzungsgeschichte war auch der Grund, wieso das Verhältnis zwischen Guardiola und dem nun zurückgetretenen Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt von Beginn an zerrüttet war.

Der Schlüsselspieler

„Thiago oder nix“, hatte Guardiola nach seiner Ankunft in München gesagt. Sein Wunsch war den Bayern-Managern Befehl, Thiago wurde 2013 um 25 Millionen Euro vom FC Barcelona geholt. Der Spanier zeigte auch bei den Bayern, dass er einer der talentiertesten Mittelfeldspieler der Welt ist: technisch überragend, schnell, mit einem Blick für freie Räume, dazu stark in der Balleroberung und – wie man es von Absolventen der berühmten Fußballschule La Masia gewohnt ist – sehr passsicher. In Barcelona galt er als der Nachfolger der Klublegende Xavi, dem Herz und Hirn jener spanischen Fußballergeneration, die den Sport über Jahre dominiert hatte.

Thiago könne drei, vier, fünf Positionen spielen, meinte Guardiola. „Er ist ein sehr guter Arbeiter, gut mit dem Kopf, sehr gut im eins gegen eins, im Mittelfeld und als Stürmer.“ Der neue Bayern-Trainer hatte damit seinen Wunschspieler, der die entscheidende Rolle bei der Umsetzung seiner Vision des schnellen Kurzpassspiels in München einnehmen sollte.

Doch im März des vergangenen Jahres zog sich Thiago einen Innenbandriss im rechten Knie zu. Er wurde damals nicht von Müller-Wohlfahrt behandelt, sondern in Spanien von Ramón Cugat, einem Vertrauten von Guardiola. Knapp zwei Monate später trainierte Thiago wieder und riss sich das Band erneut. Auch die Weltmeisterschaft in Brasilien verpasste er. Nach einer Operation kehrte er fünf Monate später ins Training zurück, um sich prompt einen dritten Riss zuzuziehen. Cugats Behandlungsmethoden standen daraufhin in der Kritik. Der Spanier hatte Thiago nicht wie üblich einen Gips angelegt, sondern nach eigenen Angaben mit „Wachstumsfaktoren“ gearbeitet. Als Thiago dann heuer im März wieder am Training der Bayern teilnahm, brachen Begeisterungsstürme aus. Der Spanier habe Pässe gespielt, die nur er spielen kann, hieß es.

Tränen beim Zuschauen

Auch DFB-Sportdirektor Hans-Dieter Flick war vor Ort und berichtete von einem Spieler, „der einem beim Zuschauen die Tränen in die Augen treibt“.

Sein Comeback gab Thiago beim knappen 1:0-Sieg der Bayern gegen Dortmund vor zweieinhalb Wochen. In der Kabine haben sie danach seinen Namen gesungen und ein den Tränen naher Pep Guardiola gestand: „Ich habe ihn sehr vermisst.“ Thiagos Kurzeinsatz über gut 20 Minuten reichte aus, um von allen Seiten in den höchsten Tönen gelobt zu werden. Guardiola machte kein Geheimnis daraus, dass ihm die Rückkehr von Thiago mehr bedeutet habe als der Sieg gegen den Erzrivalen.

„Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich in diesem Jahr gelitten habe. Mein Leben startet neu, mein Leben als Fußballer“, meinte Thiago nach seinem Comeback. Am Dienstag könnte er zum Matchwinner werden. (joe)

Zur Person

Thiago Alcântara könnte trotz langer Verletzungspause am Dienstag im Viertelfinalrückspiel der Champions League zum wichtigsten Mann für den FC Bayern werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2015)

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