Der König des Tiki-Taka verabschiedet sich aus Barcelona

1Xavi Hernandez
1Xavi Hernandez(c) imago/photoarena/Eisenhuth (imago sportfotodienst)
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Der 35-jährige Xavi Hernandez war Symbol einer Fußballidee. Nun zieht es ihn weiter nach Katar.

Barcelona. In seiner besten Zeit inspirierte Xavi Hernandez sogar die Feuilletonisten zu Lobeshymnen. „Xavis Schönheit zeigt sich in der Reduktion des Körpers bei gleichzeitiger Erhöhung des Geistes. Er macht nichts, was nicht im Dienst einer größeren Idee steht“, schrieb „Die Zeit“. Heute will der inzwischen 35-jährige Xavi in einer eigens einberufenen Pressekonferenz seinen Abschied von seinem Heimatklub Barcelona bekannt geben. Schon im Vorjahr stand der Katalane nach der enttäuschenden Weltmeisterschaft vor einem Wechsel nach Katar, nun wird er tatsächlich beim Hauptstadtklub al-Sadd anheuern.

Mit Xavi verabschiedet sich das Herz des vielleicht talentiertesten Fußballerensembles aller Zeiten in den Vorruhestand. Seit seinem elften Lebensjahr spielte der schmächtige Mittelfeldstratege für Barcelona. „Die Philosophie des Klubs wurde mir von Beginn an eingeimpft“, sagt Xavi. Er hat mehr als 760 Pflichtspiele bestritten (Vereinsrekord) und wurde zum Barcelona-Spieler mit den meisten gewonnenen Titeln, darunter acht spanische Meisterschaften und drei Champions-League-Trophäen. Unter Xavis Kommando trieb Barcelona in der Ära von Trainer Pep Guardiola ganz Europa in den Wahnsinn und ließ den stolzen Erzrivalen Real Madrid wie einen Absteiger mit doppelten Viererketten spielen. Xavi war der Taktgeber dieser Mannschaft, die das offensivste und von der technischen Schwierigkeit schönste Spiel zeigte. „Dieser Fußball ist zum Genießen. So hat uns noch niemand verprügelt“, meinte Sir Alex Ferguson, nachdem Barcelona sein Manchester United 2011 im Champions-League-Finale 3:1 besiegt hatte.

Xavi führte das spanische Nationalteam zu der Rekordmarke von drei Titeln in Serie (Europameister 2008 und 2012, Weltmeister 2010). Vier Jahre lang konnte den Spaniern niemand das Wasser reichen, die Nationalelf war ein Spiegelbild von Barcelona.

Rampenlicht für die Mitspieler

Der Goldene Ball für den Weltfußballer des Jahres war Xavi nicht vergönnt. Zu seinen besten Zeiten war die Trophäe stets für Lionel Messi reserviert. Xavi bleibt wohl der beste Spieler, der niemals diese Auszeichnung bekam. Seines eigenen Könnens war es sich allerdings bewusst. In Interviews wirkte er selbstbewusst, fast überheblich, erhob sich aber getreu seiner Ausbildung in La Masia, Barcelonas Nachwuchsakademie, nie über die Mitspieler. Im Gegenteil: Allzu oft ließ er sie auf dem Spielfeld besser aussehen als sich selbst. Als er nach den Eigenschaften des perfekten Fußballers gefragt wurde, antwortete er mit leidenschaftlich, solidarisch, altruistisch und empathisch. Er bewundert Spieler wie Steven Gerrard und Andrea Pirlo, die ebenfalls am Ende ihrer Karrieren stehen.

„Ich finde kein Lob, das erklären würde, was er als Mensch und Spieler repräsentiert hat“, sagte sein kongenialer Mittelfeldpartner Andres Iniesta. „Xavi ist einzigartig. Unwiederholbar. Es wird keinen anderen geben wie ihn.“ Barcelona könnte heuer noch das Triple feiern, es wäre das zweite von Xavi und ein unvergleichlicher Abschied der Klublegende.

Angeblich hätte auch der New York City FC Xavi ein Vermögen bezahlt. Der Altstar geht aber nach Katar und entschied sich für den Weg seines Mentors Guardiola, der ebenfalls in der Wüste gespielt hatte, bevor er seine Trainerkarriere in Angriff nahm. Gut möglich, dass auch Xavi einmal im Camp Nou an der Seitenlinie steht. Davor wird er als Fußballtourist in der Wüste kolportierte zehn Millionen Euro pro Saison verdienen. (joe)

AUF EINEN BLICK

Xavi Hernandez, 35, der seit seinem elften Lebensjahr für Barcelona gespielt hat, wird den Klub im Sommer verlassen und seine Karriere bei al-Sadd in Katar ausklingen lassen.

Der Mittelfeldstratege war das Zentrum jener Mannschaft, die unter Trainer Pep Guardiola den europäischen Fußball beherrscht hat. Xavi ist erfolgreichster Spieler der Klubgeschichte. Das spanische Nationalteam führte er zum WM-Triumph 2010 und zu zwei Europameistertiteln (2008, 2012).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

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