Warum die USA die treibende Kraft der Fifa-Anklage sind

US-Justizministerin Loretta Lynch
US-Justizministerin Loretta LynchAPA/EPA/JUSTIN LANE
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Für ihre große Fußball-Liebe sind die USA nicht unbedingt bekannt, doch die US-Justiz hat gute Gründe für die Ermittlungen zu Korruption im Weltverband.

Auf 161 Seiten zeichnen die US-Behörden in ihrer Anklage gegen die 14 Beschuldigten im Fifa-Skandal ein erschreckendes Bild der Korruption im Weltfußball. In dem Schriftstück werden die einzelnen Schemata aufgeschlüsselt, wie im Geflecht von Bestechung, Schmiergeld und Geldwäsche die Summen steigen und immer mehr Funktionäre mitverdienen. Für ihre große Fußball-Liebe sind die USA nicht unbedingt bekannt, warum also sind gerade sie die treibende Kraft in der Anklage gegen die Fifa?

Dürfen die USA überhaupt eingreifen?

Aus juristischer Sicht müssen die USA zur Strafverfolgung eines ausländischen Staatsangehörigen bei jeder der Beschuldigungen zumindest eine geringfügige Verbindung zu den USA nachweisen können. In diesem Fall aber sind die USA direkt betroffen. "Wenn korrupte Unternehmen innerhalb unserer Grenzen agieren, sei es in Form von abgehaltenen Meetings oder durch die Nutzung unseres Finanzsystems, dann müssen wir dagegen vorgehen", betonte FBI-Direktor James Comey.

Im konkreten Fall wird den meisten der Verdächtigen beides vorgeworfen. Die Fifa und ihre Konföderationen machen ihren Gewinn durch Marketing und den Verkauf von TV-Rechten an Turnieren wie den Weltmeisterschaften. Die Anklage bezieht sich im größten Teil auf "die systematische Bestechung" durch Marketingchefs, die dadurch ihre Chancen auf den Zuschlag für diverse Vermarktungsrechte erhöhen wollten. Schmiergeldzahlungen erfolgten bei Treffen in den USA, zudem wurden Teile des Geldes über US-Konten transferiert.

Grundlage für die meisten Anschuldigungen ist das so genannte Anti-Mafia-Gesetz "Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act" (RICO) aus 1970 zur Verfolgung von organisierter Kriminalität. Die Annahme ist, dass die korrupten Mitglieder die Fifa in eine Verbrecherorganisation verwandelt haben. Aufgrund des Territorialprinzips sind US-Gesetze eigentlich nicht außerhalb des eigenen Staatsgebietes anwendbar, allerdings hat ein Berufungsgericht im Jahr 2014 geurteilt, dass RICO auch für Verbrechen außerhalb der USA angewandt werden kann, wenn sie in Ländern begangen wurden, in denen die vorgeworfenen Straftaten wie in den USA als Verbrechen gelten.

Was hat die Ermittlungen ausgelöst?

Es lässt sich nicht genau sagen, ob es so etwas wie eine Initialzündung für die Ermittlungen gab. Die Niederlage der US-Bewerbung bei der WM-Vergabe an Katar im Jahr 2010 und die damit einhergehenden Spekulationen um Bestechung dürften aber der sprichwörtliche Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen brachte. "Ich kenne einige aus dem US-Bewerbungsteam, die sich sicher sind, dass illegale Zahlungen den Ausgang beeinflusst haben", sagte Andrew Zimbalist, Autor des Buches "Circus Maximus: The Economic Gamble Behind Hosting the Olympics and the World Cup." Er ist überzeugt, dass sich das US-Justizministerium in Folge eben dieser WM-Vergabe eingeschaltet hat.

Wie tief sind die USA darin verwickelt?

Mit Concacaf-Präsident Jeffrey Webb sowie dessen Vorgänger Jack Warner stehen gleich zwei hochrangige (Ex-)Vertreter des nord- und mittelamerikanischen Fußball-Verbandes auf der Liste der 14 Verdächtigen. Zudem geht es vor allem um Bestechungen und Schmiergelder bei WM-Qualifikationsspielen der Concacaf-Zone, der Concacaf-Champions-League und dem Gold Cup.

Nicht zuletzt wird 2016 die Copa Amerika erstmals außerhalb von Südamerika stattfinden und zwar in den USA: Allein rund um dieses Turnier sollen 110 Millionen Dollar an Bestechungsgeldern geflossen sein. "Unsere Ermittlungen haben aufgedeckt, dass dieses Turnier als weiter gefasste Plattform genutzt wurde, damit sich die Funktionäre um fast ein Drittel der legalen Kosten bereichern konnte", führte US-Justizministerin Loretta Lynch aus.

Es ist nicht das erste Mal, dass Concacaf in einen Skandal verwickelt ist. 2012 wandte sich der Verband von sich aus an die US-Steuerbehörde und gab zu, Gelder über mehrere Jahre lang nicht korrekt versteuert zu haben. Der damalige Generalsekretär Chuck Blazer aus den USA bekannte sich im darauffolgenden Jahr in einigen Anklagepunkten bezüglich Korruption schuldig und arbeitet seither als Informant für die US-Behörden.

>>> Die Eckpunkte der US-Anklage

(swi)

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