Blatter: "Die Fifa braucht keine Revolution"

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Fifa-Wahl. Trotz aller Skandale, Rücktrittsforderungen und Europas Drohungen: Joseph Blatter gewann die Wiederwahl in Zürich. Kontrahent Prinz Ali bin al-Hussein zog vor dem Finale zurück.

Zürich. Trotz des größten Skandals der Fifa-Geschichte geht Joseph Blatter in seine fünfte Amtszeit als Präsident des Fußball-Weltverbands. Der Schweizer, 79, erhielt am Freitag beim Kongress des Weltverbandes mit 133:73-Stimmen im ersten Wahlgang gegen Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein zwar nicht die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Der Jordanier jedoch zog vor dem zweiten Wahlgang seine Kandidatur zurück.

Blatter hatte im ersten Wahlgang die Zweidrittel-Mehrheit (140) der 209 Delegierten um sieben Stimmen verpasst. Auf Prinz Ali entfielen 73 Stimmen, allerdings schien es unwahrscheinlich, dass er die im zweiten Durchgang nötige Einfache Mehrheit (105) schaffen könnte und zog zurück. Blatter waren es in der geheimen Abstimmung dennoch die zweit-meisten Gegenstimmen seiner Amtszeit. Der umstrittene Walliser führt die Fifa seit 1998 an und sicherte sich sein Amt bis 2019. Er sagt: „Wir müssen das Image der Fifa verbessern. Morgen fangen wir damit gleich an.“

Der „Teflon“-Präsident

Vor der Wahl hatte Blatter die Verantwortung für den jüngsten Korruptionsskandal mit Festnahmen von sieben Fußball-Funktionären auf andere geschoben. Ihn treffe freilich keine Schuld; zudem: er wusste davon nichts. „Die Schuldigen, wenn sie denn als schuldig verurteilt werden, das sind Einzelpersonen, das ist nicht die gesamte Organisation.“

Der Schweizer forderte im Hallenstadion von Zürich – die ZSC Lions spielen dort Eishockey – angesichts des größten Bebens in der Fifa-Historie ein aktives Mitarbeiten der 209 Mitglieder. „Heute rufe ich Sie alle zum Teamgeist auf, damit wir gemeinsam fortschreiten können. Wir sind zusammengekommen, um die Probleme anzupacken!“ Blatter klang so euphorisch wie am ersten Tag seiner Amtszeit. Ob ihn womöglich selbst kurz Zweifel gekommen waren?

Die erneute Kür Blatters dürfte den Konflikt mit der Europäischen Fußball-Union Uefa aber verschärfen. Michel Platini hatte für diesen Fall einen Rückzug der europäischen Mannschaften aus allen Fifa-Wettbewerben nicht ausgeschlossen. Eine weitere Option ist laut Platini ein Austritt aller Uefa-Mitglieder aus der Fifa-Exekutive.

Bombendrohung und Proteste

Eine Bombendrohung, Eindringlinge mit Palästina-Fahne, Demonstranten vor dem Eingang, Unmut der Funktionäre wegen des Bestechungs- und Korruptionsskandals und Europas halbherziger Widerstand gegen Blatter – all das konnte dem Kongress des Weltfußballverbandes Fifa in Zürich nichts anhaben. Selbst der eineinhalbstündige erste Wahlgang, das plumpe Auswerten der Stimmen, der Weltverband hielt geradezu stur an seinem Programm fest.
Höhepunkt war Punkt 17 der Tagesordnung, die Wahl des Präsidenten. Blatter stellte sich dabei zum dritten Mal einem Gegenkandidaten. 1998 gewann er gegen Lennart Johansson (SWE) mit 111:80, 2002 mit 139:56 gegen Issa Hayatou (KAM). Jetzt zog sein Kontrahent vor der Entscheidung zurück. Der Walliser wirkte gelassen, er war souverän. „Wir brauchen keine Revolutionen, aber Evolutionen. Ich ergreife das Wort mit großer Bewegtheit. Der Kongress hat dem Sturm getrotzt, der uns durchgeschüttelt hat. Die Zeit wird Antworten liefern. Ich arbeite weiter!“

Es mutet kurios an, dass trotz der Skandale alles unverändert bleibt im Weltfußball. Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger brachte es in der „Welt“ jedoch auf den Punkt: „Es liegt nicht an der Person Blatter, sondern am System Fifa. Die ganze Welt ist in der Fifa – es sind alles demokratische Vorgänge.“

Schon früh war in Zürich allerdings klar, dass die Fifa ihrem Kurs treu bleiben wird. Das Finale der WM 2022 in Katar wurde bestätigt – aus Europa kam kein Widerspruch. Es erweckte letztendlich den Anschein, als wurden alle Probleme rundum „ausgeblendet“ oder vorab (finanziell) geklärt – aber Blatter hatte ja auch die richtigen Fakten für die Zukunft parat.

Die Fifa plant 2016 mit einem Budget von 815 Millionen Dollar, den größten Anteil habe man für „Entwicklungen“ reserviert, gefolgt von Ausgaben für die WM 2018. Es lässt sich leicht planen und verteilen, wenn Einnahmen aus TV- und Sponsoren-Pool von 753 Mio. Euro fix sind. Das wissen seine Weggefährten seit 1998 so zu schätzen, auch sein Gegner erkannte seine Niederlage. Dass Blatter jedoch die ganze Halle zum „Handshake for peace“ bat, war zum Abschluss fast schon herzergreifend. (fin)

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