Klopps schmerzhafter Abschied ohne Titel

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Jürgen Klopp beging ein sehr ruhiges Abschiedsfest nach dem verlorenen Cupfinale. "Ein Sieg wäre doch wohl auch zu kitschig gewesen!"

Berlin/Dortmund. Statt einer rauschenden Siegerparty gab es ein ruhiges Abschiedsfest. Trainer Jürgen Klopp musste sich nach sieben Jahre echter Liebe ohne einen weiteren Titel vom BVB verabschieden. Diesmal flossen aber keine Tränen. Anders als noch beim höchst emotionalen Lebewohl von Jürgen Klopp eine Woche zuvor im Dortmunder Stadion hielt sich der Trennungsschmerz im stylischen Ambiente der Berliner Location Kraftwerk in Grenzen. Das deutliche 1:3 im Cupfinale gegen Wolfsburg wenige Stunden zuvor hatte allen Gästen der „Schwarzgelben Nacht“ auf das Gemüt geschlagen.

Selbst bei der Rede des scheidenden Trainers an die Edelfans blieben Jubelstürme aus. „Man hat mir gesagt, dass es vielleicht zu kitschig gewesen wäre, wenn wir zum Abschied gewonnen hätten – zu sehr American Style“, kommentierte Klopp mit gequältem Lächeln.

Abschied aus der „Kathedrale“

Der Traum vom Happy End mit einer umjubelten Lkw-Fahrt rund um die Dortmunder Kultstätte Borsigplatz ging für Klopp nicht in Erfüllung. Nach der Rückkehr standen nur wenige Schaulustige bereit, um einen letzten Blick auf den Kulttrainer zu werfen. Viel gab es für sie jedoch nicht zu sehen. Denn der Mannschaftsbus brachte die Profis und den Coach auf direktem Weg zum Trainingsgelände.

Nach der dritten Pleite im vierten Endspiel unter der Regie von Klopp verspürte auch im Klub selbst niemand mehr große Lust auf eine rauschende Party. An der großen Zuneigung für den Coach änderte die verdiente Niederlage jedoch nichts. Die lange und innige Umarmung von BVB-Präsident Reinhard Rauball mit Klopp war Ausdruck tiefer Dankbarkeit. „Du bist in einer schweren Zeit zu uns gekommen und hast uns den Glauben zurückgegeben“, sagte Hans-Joachim Watzke und überreichte Klopp neben einer Abbildung von der „Kathedrale des deutschen Fußballs“ auch drei Dauerkarten für die BVB-Heimstätte.

Mehr Qualen als die Rede bereitete Klopp der Abschied von seinen Spielern. Jeden Einzelnen schloss er in der Kabine des Olympia-Stadions in die Arme. „Das tat extrem weh. Da habe ich gemerkt, wie schwer es fällt loszulassen. Es waren sieben wunderschöne Jahre.“ Vergeblich versuchte er, seine geknickten Profis nach der Niederlage aufzurichten: „Platz zwei bei Olympia fühlt sich besser an als im DFB-Pokal. In solchen Situationen kann dich nichts trösten.“

Spiel „emotional überladen“

Wohin es ihn zieht, bleibt vorerst weiter offen. England, Italien, es gibt etliche Optionen. Nach eigener Aussage hat Klopp noch mit keinem anderen Verein verhandelt. Er sorgt sich nicht, dass sich ohne seinen geliebten Fußball ganz schnell eine große Leere breitmachen könnte: „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie Leere verspürt. Mein Kopf ist eher immer zu voll.“

Für Dortmund wird es nun darauf ankommen, möglichst schnell die Trauer zu überwinden. Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs konnte sich einen verbalen Seitenhieb auf den Hype der vergangenen Tage nicht verkneifen: „Es ist erstaunlich, wie sehr man sich auf eine Geschichte fokussieren kann. Man kann ein Spiel wirklich emotional überladen...“

Nicht nur die BVB-Fans, auch die Profis müssen sich nun an die Zeit nach Klopp gewöhnen. „So richtig werden wir es merken, wenn wir Ende Juni wieder in der Kabine sitzen und er ist nicht mehr da“, klagte Weltmeister Mats Hummels.

Dem Vernehmen nach wird Klopps Nachfolger Thomas Tuchel Mitte der Woche offiziell vorgestellt, ehe es in die Sommerpause geht. Ob Ilkay Gündogan danach noch dabei sein wird, darf jedoch bezweifelt werden. „Ich möchte nichts zu meiner Zukunft sagen“, antwortete der Nationalspieler ausweichend auf entsprechende Fragen, bestätigte aber Gespräche mit anderen Klubs. Unabhängig von seiner Entscheidung, ob er Dortmund schon in diesem Sommer oder erst zum Vertragsende 2016 verlässt, glaubt er an eine erfolgreiche Zukunft der Borussia. „Es gibt einen tollen Kader und es kommt ein sehr guter Trainer.“

Ähnlich zuversichtlich äußerte sich Reinhard Rauball: „Ich glaube, dass wir wieder stärker werden und in die Richtung marschieren wie in den Meisterjahren.“ Der Vereinspräsident hofft, dass mit Tuchel eine ähnlich erfolgreiche Ära beginnt. „Wir sollten ihm die Rückendeckung geben, die man jemandem geben muss, der in ein solch großes Paar Schuhe schlüpfen muss. Denn die hat Jürgen Klopp zweifellos hinterlassen.“ (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2015)

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