Violette Renaissance in Salzburg: Helden und Krawallbrüder

(c) GEPA pictures / Hans Osterauer
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Zehn Jahre, nachdem Red Bull die alte Salzburger Austria geschluckt hat, ist das damals neu gegründete violette Fanprojekt im Profifußball angekommen.

Salzburg. Vom Stadion der Austria im Salzburger Stadtteil Maxglan ist der Hangar 7 sogar zu sehen, jenes Herzstück der Red-Bull-Welt, in dem Dietrich Mateschitz seine historischen Flugzeuge und Formel-1-Boliden ausstellt und das das Nobelrestaurant Ikarus beherbergt. Im Vergleich dazu ist der ehemalige Askö-Platz eine andere Welt. Im Ikarus werden Jakobsmuscheln serviert, im VIP-Bereich gibt's Schnitzelsemmeln. Hier liebt man es eben authentischer.

Obmann Walter Windischbauer sieht den Nachbarn vollkommen „emotionslos“. Der Jurist aus dem Mieterschutzverband übernahm die Austria im Juni 2010. Zu diesem Zeitpunkt war der nach der Red-Bull-Übernahme der alten Austria als Fanprojekt neu gegründete Verein bereits viermal in Folge aufgestiegen, in der Regionalliga West angekommen. Fünf Jahre spielten die Salzburger dort, nun haben sie eine Runde vor Schluss den Aufstieg in die Erste Liga fixiert. Austria Salzburg ist wieder zurück im Profifußball.

Treff der Europacup-Helden

„Der Aufstieg ist der größte Schritt in Austrias Geschichte“, sagt Windischbauer. Nach einem Kraftakt aller Beteiligten wurde dem Klub erst in zweiter Instanz die Bundesligalizenz erteilt. Die Heimstätte in Maxglan braucht eine neue Tribüne, eine stärkere Flutlichtanlage. Die Stadt steuert dafür rund eine Million Euro bei. „Ich bin mit Maxglan sehr zufrieden, die Bestimmungen waren hart genug“, sagt Windischbauer. Eine Dauerlösung sei der jetzige Standort aber nicht. Schon jetzt sind Erste-Liga-Konkurrenten wie Lask und Innsbruck bei der Infrastruktur meilenweit voraus. „Und das ist kein geringer Wettbewerbsvorteil.“

Für den nächsten Aufstieg, diesmal in die Bundesliga, veranschlagt man in Salzburg mindestens fünf bis sechs Jahre. Spätestens dann „ist das in Maxglan nicht mehr zu schultern“, meint Windischbauer.

Sportlich wird der Klub versuchen, Trainer Jörn Andersen zu halten. Der Norweger ist ehemaliger Torschützenkönig der deutschen Bundesliga, als Trainer führte er Mainz 2009 in die erste Liga, seit Jänner trainiert er nun die Austria. In den nächsten Tagen wird man sich zusammensetzten. „Wir wären froh, wenn er bleibt.“ Sportdirektor Gerhard Stöger, er war schon Nachwuchsleiter bei der alten Austria, will den Großteil der Spieler halten, fünf bis sechs neue sollen dennoch kommen. „Jetzt geht es um den Klassenerhalt, alles andere ist Zukunftsmusik“, sagt Windischbauer. „Aber wer soll verhindern, dass die Austria wieder Champions League spielt?“

Auf den Rängen in Maxglan sind Salzburgs Europacup-Helden der 1990er-Jahre wie Otto Konrad, Heimo Pfeifenberger und Edi Glieder gern gesehene Gäste und beliebte Selfie-Motive. Für Konrad hat „Austria alles, was den Fußball ausmacht“. Vor allem die Jugendarbeit beeindruckt ihn: „Das ist ein richtiges Integrationsprojekt, da muss man den Hut ziehen.“ Der ehemalige Torhüter, der nun in der Salzburger Landespolitik tätig ist, prophezeit ein hartes Jahr in der Erste Liga. „Aber der Klub hat das Potenzial, sich nachhaltig im Profifußball zu etablieren.“

Konrad war auch beim Cupspiel gegen Sturm Graz im September des Vorjahres im Ausweichstadion in Vöcklabruck vor Ort, als es schwere Ausschreitungen gab. Immer wieder sind die Anhänger der Austria mit Negativschlagzeilen in die Kritik geraten. Die Vorfälle in Vöcklabruck haben den Verein auch das Ausweichstadion gekostet, vor der jüngsten Lizenzvergabe musste mit Schwanenstadt ein neuer Standort erst lizenztauglich gemacht werden. „Mit diesen unbelehrbaren Krawalltouristen wollen wir nichts zu tun haben“, sagt Windischbauer. Auch in der Ligazentrale in Wien ist man vorgewarnt. Bei Vergehen drohen rigorose Strafen.

Eine andere Seite der Salzburger Anhänger zeigt sich im Verein „Heimat für die Austria“. Die Faninitiative hat 200.000 Euro für die Infrastruktur gesammelt. „Darüber sind wir heilfroh, wir brauchen jeden Cent“, sagt Windischbauer. Die Spenden wären, sagt er, auch ein starkes Argument in der Diskussion um die Unterstützung der Stadt Salzburg gewesen. In der Erste Liga versprechen nun Derbys gegen die „Red-Bull-Filiale“ Liefering viel Brisanz. 2013, beim letzten Aufeinandertreffen, waren 10.000 Zuschauer in der Red-Bull-Arena – bei einem Spiel der Regionalliga wohlgemerkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2015)

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