Fifa: Blatters Vertrauter in Skandal verstrickt

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Nach Sepp Blatters Wiederwahl dreht sich der Strudel um Korruption und Schmiergelder immer schneller. Nun geriet Jérôme Valcke ins Visier der Ermittler, der Generalsekretär soll zehn Millionen Dollar zweckentfremdet haben.

New York/Zürich/Wien. Mit der Verhaftung hochrangiger Funktionäre des Weltfußballverbandes Fifa kurz vor dem Kongress in Zürich und der Wiederwahl von Präsident Sepp Blatter gab es vergangene Woche einen weltweiten Aufschrei gegen Korruption, Schmiergeld- und Freunderlwirtschaft. In gewisser Weise wurde damit auch ein Prozess der Selbstzerfleischung im Weltverband initiiert.

Neuestes Kapitel dieser Affäre ist eine zehn Millionen Dollar schwere Überweisung. Sie erregt Aufmerksamkeit, denn ein Bericht der „NY Times“ belastet Generalsekretär Jérôme Valcke. Der Weltverband wollte für schnelle Entlastung sorgen und nannte die Person, die 2008 diese Überweisung getätigt haben soll. Fifa-Sprecherin Delia Fischer – sie begann ihre Medienkarriere einst bei der „Presse“ –, nannte den ehemaligen Direktor der Finanzkommission, den Argentinier Julio Grondona. Er habe die Zahlung autorisiert, „im Einklang mit den Fifa-Statuten“. Grondona ist im Juli des Vorjahres verstorben.

Aussage oder ein Spiel auf Zeit

Hunderte Seiten umfassen die Aktenberge, durch die sich FBI und US-Ermittler auf Geheiß der Justizministerin wühlen. Sie fördern Material zutage und wie nicht anders zu erwarten, tritt manch Beschuldigter die Flucht nach vorn an. Jack Warner sucht auf der Karibikinsel Trinidad und Tobago mit seinen Aussagen die Kooperation der Behörden, um tunlichst straffrei auszugehen. Wird er in Amerika verurteilt, drohen ihm bis zu zwanzig Jahre Haft. Andere wiederum schweigen und spielen auf Zeit, wie etwa Nicolas Leoz, 86. Er ist in Paraguay unter Hausarrest gestellt worden, Südamerikas ehemaliger Verbandschef soll mit den Übertragungsrechten der Copa America Millionen verdient haben. Ein Schnellverfahren scheiterte, die US-Justiz hat nun eine Frist von 60 Tagen für einen Auslieferungsantrag mit ausreichendem Beweismaterial. Bleibt der aus, kann Leoz nur noch in seinem Heimatland vor Gericht gestellt werden.

Warner, er wurde wie 13 weitere Funktionäre festgenommen, ist der frühere Fifa-Vizepräsident, Chef des Nord- und Mittelamerika-Verbandes (Concacaf) und Vertrauter Blatters. Er forderte nun vehement Ermittlungen gegen den Schweizer ein. Der jahrzehntelange Zusammenhalt der Verbündeten ist längst zerbrochen, offenbar weiß der 72-jährige Warner auch, wer ihn verraten hat. „Warum ermittelt keiner gegen Blatter?“

Obwohl bislang kein ersichtlicher Zusammenhang zu ihm zu sehen war, geriet nun Jérôme Valcke ins Visier der Ermittler. Sie waren der Ansicht, er sei „der hochrangige Offizielle“, der zwischen dem 2. und 7. Jänner 2008 zehn Millionen Dollar von einem Konto des Weltverbandes auf ein US-Konto überwiesen habe. Das Geld soll bei Warner gelandet sein. Ob die Millionen zweckgewidmet waren – also im Sinn von Bestechung für den Stimmenkauf zur Bestellung Südafrikas als WM-Veranstalter 2010 –, sei dahingestellt. Geflossen ist es, doch wie stießen die Behörden just jetzt darauf? Ein Beschuldigter muss „gesungen“ haben. Vielleicht Jack Warner?

Konter honoriger Herrschaften

Warner, der frühere Arbeits- und Verkehrsminister von Trinidad und Tobago, hatte sich bereits 2011 mit Blatter überworfen. Er war allen Anschuldigungen der Fifa-Ethikkommission, diese Institution gibt es tatsächlich, durch seinen Rücktritt entgangen. Auffällig geworden war er durch illegale Geschäfte mit TV-Rechten und dem gesonderten Privatverkauf von Eintrittskarten diverser WM-Turniere. Er soll Millionen eingestrichen haben, die US-Behörden ermitteln nun wegen des Verdachts auf Betrug, Geldwäsche und Bestechung. Für alle Genannten gilt freilich die Unschuldsvermutung.

Am Dienstag goss ein Artikel der „NY Times“ Öl ins Feuer. Das Blatt berichtete, Valcke sei für diese Zahlung verantwortlich – und berief sich in den Ausführungen auf Paragraf 192 der Anklageschrift. Der Konter der Fifa sollte den Franzosen, 54, befreien, er ist für den Verband von großer Wichtigkeit als Blatters Stellvertreter. In der Anklage, so die Fifa, sei keine Rede davon, dass der Offizielle gewusst habe, dass das Geld für Bestechung verwendet worden sei. Und: Valcke werde nicht als Mitbeschuldigter genannt. Nur warum sollte die „NY Times“ den Namen ohne Zusammenhang ins Spiel bringen? (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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