Schachtar Donezk: Ein Verein auf der Flucht

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Rapids Play-off-Gegner Schachtar Donezk, das Fußball-Aushängeschild Osteuropas, ist heimatlos.

Seit über einem Jahr ist die Donbass Arena nun schon leer. 2009 wurde das luxuriöse 400-Millionen-Dollar-Stadion in Donezk eröffnet, während der Fußball-Europameisterschaft 2012 spielten dort Spanien und Portugal um den Finaleinzug. Auch Arsenal, Manchester United und Barcelona waren in der Heimstätte von Schachtar Donezk zu Gast. Dann kam der Krieg in die Millionenstadt. Die Arena blieb von den Kampfhandlungen zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten nicht verschont, immer wieder wurde sie beschädigt.

Schachtar, der erfolgreichste osteuropäische Klub der vergangenen Jahre, ist aus Donezk geflüchtet. Das letzte Heimspiel des ukrainischen Serienmeisters (2010–2014) in der Donbass Arena fand am 2. Mai des Vorjahres statt, an professionellen Fußball ist in Donezk nach der Übernahme durch die Separatisten nicht zu denken. Schachtar-Präsident Rinat Achmetow, der reichste Mann der Ukraine, verlegte Klubführung und Trainingsgelände nach Kiew. Die Heimspiele werden nun in Lwiw ausgetragen, mehr als 1000 Kilometer von den Donezker Kohleminen entfernt, nach dessen Arbeitern der Klub bei der Gründung 1936 benannt wurde.

Separatisten-Derby. Donezk im Osten und Lwiw im Westen waren stets politische Gegenpole. Die Skepsis war groß, als Schachtar die Stadt nahe der polnischen Grenze als Heimstätte wählte. Dass Schachtar-Fans eine führende Rolle bei Protesten gegen die Separatisten einnahmen, hat dem Klub aber einige Sympathien eingebracht. Befürchtete Feindseligkeiten blieben aus.

Die meisten Schachtar-Fans sind ohnehin über das ganze Land verteilt. Die wenigen im Stadion in Lwiw sind wie ihr Klub aus Donezk geflohen, sie feuern ihr Team bei „Heimspielen“ nun im Stadion des Rivalen Karpaty an. Dort wird auch Rapid am 25. August zum Rückspiel antreten, von Wien ist Lwiw nur gut eine Flugstunde entfernt.

Die Separatisten im Osten versuchen unterdessen, den Fußball wieder in Donezk zu etablieren. Die selbst ernannte Volksrepublik hat dafür einen Fußballverband gegründet. Ein „Separatisten-Derby“ gegen Lugansk (4:1) wurde bereits ausgetragen, russische Quellen berichten von 3500 Zuschauern im kleinen Donezker Metalurg-Stadion – kein Vergleich zu den 52.000 Plätzen der Donbass Arena. Diese ist heute ein Hilfszentrum, von dem aus Lebensmittel verteilt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.08.2015)

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