Island gelingt die Sensation mit der erstmaligen Qualifikation für eine Endrunde, auch Tschechien fährt fix zur Euro 2016 nach Frankreich. Niederlande stecken in Gruppe A im Tief.
Reykjavík. Island feiert die Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Ein torloses Remis gegen Kasachstan genügte für die Rückeroberung der Tabellenführung in der Gruppe A und garantiert, dass die Atlantikinsel die Qualifikation entweder als Erster oder Zweiter beenden und damit fix erstmals bei einer Endrunde mitspielen wird. Tschechien fixierte das Euro-Ticket mit einem 2:1-Erfolg in Lettland.
Noch nie hat ein 0:0 so intensive Jubelstürme ausgelöst wie in Reykjavík. „Es ist unglaublich, ich bin schockiert“, stammelte Mittelfeldspieler Aron Gunnarsson nach dem Schlusspfiff. „Teil des ersten isländischen Teams zu sein, das sich für eine Endrunde qualifiziert – als ich mit Fußball begonnen habe, habe ich nicht einmal davon geträumt.“ Nach dem Match legten die Spieler ein Tänzchen auf dem Rasen hin, gleich danach ging es zu den ausgelassen feiernden Fans, und liest man Artikel am Tag danach richtig, sind manche Euro-Partys noch immer nicht beendet.
Gunnarsson war schon dabei, als die Isländer an der Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien vorbeischrammten. Im Play-off behielt Kroatien die Oberhand. Das Meisterstück von Lagerbäck und Hallgrímsson kam nun in der EM-Qualifikation. In einer Gruppe mit den Niederlanden (0:3 in der Türkei und vor dem EM-Flop), Tschechien, Türkei und Lettland hatten viele Experten absolut keine Chance für die Nordländer gesehen. Doch nach acht Spielen hält das 330.000-Einwohner-Land bei sechs Siegen und einem Unentschieden.
Im Jammertal unterwegs sind hingegen die Niederlande. Nächster Tiefpunkt war das 0:3 gegen Türkei, das Titelseiten-Foto von Robin van Persie steht symbolisch für das blanke Entsetzen einer Nation: Ungläubig schlägt der Stürmer sein Trikot vor den Mund. „Oranje ist der Witz von Europa“, titelte „De Telegraaf“. „De Volkskrant“ stellt fest: Der WM-Dritte habe das Niveau der „Spelunken des Fußballs“, etwa von Gibraltar, Malta, San Marino, Andorra...
Es hilft nur noch ein Wunder, um nicht erneut nach 2002 (WM) eine Endrunde zu verpassen. Die Niederlande (10 Punkte) müssen die Spiele in Kasachstan und gegen Tschechien gewinnen und zugleich darauf hoffen, dass die Türkei (12) in Tschechien und Island einmal verliert oder zweimal Unentschieden spielt. Ansonst ist selbst der dritte Platz, der das Play-off bedeutet, nicht mehr zu erreichen. (fin)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2015)