Champions League: FC Astana - Angestellte eines „Wohlfahrtsfonds“

Benfica´s Andreas Samaris (L) fights for the ball with Astana´s Georgi Zhukov during their Champion League Group C soccer match at Luz stadium in Lisbon
Benfica´s Andreas Samaris (L) fights for the ball with Astana´s Georgi Zhukov during their Champion League Group C soccer match at Luz stadium in Lisbon(c) REUTERS (RAFAEL MARCHANTE)
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Der kasachische Regierungsklub ist gegen Galatasaray nicht zum Erfolg verdammt, die Mission ist vielmehr Werbung für Stadt, Land und Präsident.

Astana. Was Salzburg auch im achten Anlauf nicht geschafft hat, ist FC Astana fast auf Anhieb gelungen. Der kasachische Meister spielt nach nur drei Anläufen erstmals in der Champions League. Auf dem Weg in die Millionenliga schaltete der 2009 aus einer Fusion von Almaty und Lokomotive Astana hervorgegangene Verein Maribor, Helsinki und Apoel Nikosia aus. Der Jubel in Kasachstan über die Blau-Gelben war groß; besonders zur Freude des autoritären Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Er selbst gab den Auftrag, einen in Europa erfolgreichen Klub zu formieren, als Schmuckstück, Aushängeschild und Wirtschaftsfaktor. Nun trifft der FC Astana in Gruppe C auf Benfica Lissabon, Galatasaray Istanbul und Atlético Madrid.

Heute gastiert der türkische Großklub in der 800.000-Einwohner-Stadt, das Interesse an Stars wie Lukas Podolski ist enorm, die 2009 für 185 Millionen Dollar (165 Mio. Euro) gebaute, 30.000 Zuschauer fassende Arena ist trotz der 0:2-Auftaktniederlage in Lissabon ausverkauft. Nasarbajew ist auch im Stadion, es geht um Geschäftsanbahnungen. Der Sport soll Türen öffnen, deshalb bewarb sich das mit Erdöl und Bodenschätzen gesegnete Land auch um Olympia 2022 oder bezahlt das so umstrittene Radteam. Aber all das sind für den seit 1991 im Amt befindlichen Nasarbajew andere Baustellen. Jetzt spielt sein Spielzeug in der Champions League und erfüllt seine eigentliche Mission: Werbung machen für Stadt und Land.

65 Milliarden Euro im Fonds

Bezahlte anfangs die kasachische Bahn den Verein, fließt das Geld nun aus dem 65 Milliarden Dollar schweren Nationalen Wohlfahrtsfonds (Samuryq-Qazyna). Wo Geld fließt, wird zumeist sehr guter Fußball gespielt, diese Weisheit kennt auch der bulgarische Trainer Stanimir Stoilow. Allerdings sind bekannte Spieler oder gar Stars beim FC Astana bis auf eine Ausnahme nicht zu finden. Nemanja Maksimović, er führte Serbien zu Gold bei der U20-WM, ist mit zwei Millionen Euro Ablöse der teuerste Einkauf der Klubgeschichte. Der Gesamtwert aller Spieler soll sich auf 14,5 Millionen Euro belaufen – Astana ist also der krasseste Außenseiter in der Millionenliga.

Für die Champions League werden alle Strapazen vergessen. Um zu drei Auswärtsspielen zu gelangen, muss man 15.300 Kilometer zurücklegen. Aber auch für Gegner ist die Anreise ins größte Binnenland der Welt kompliziert, es verlangt zudem einen anderen Biorhythmus ob der (im Vergleich zu Österreich vierstündigen) Zeitverschiebung. Jede Stunde, so die Faustregel, verlangt einen Tag Akklimatisierung. Diese Zeit gibt es im Profifußball nicht – also bleiben die Hotelfenster verdunkelt, Trainer lassen ihre Spieler in der gewohnten „Zeitzone“ weiterleben.

Und dennoch, nicht immer ist der größte und teuerste Klub der Liga automatisch auch der beliebteste. In diesem Punkt sind sich Salzburg und Astana sehr ähnlich. Das futuristisch anmutende, der Witterung wegen mit einem Kunstrasen geschmückte Stadion ist bei Spielen in der kasachischen Premier League zumeist leer, 5085 Zuschauer wurden zuletzt im Schnitt gezählt. Gegner und Interesse fehlen, das Niveau soll erschreckend niedrig sein. Gegen Maribor waren es 23.650, gegen Galatasaray ist man ausverkauft.

Astana folgt anderen „Überraschungsgästen“ in der Champions League, wie etwa Cluj (Rumänien), Debrecen oder Razgrad (Bulgarien). Der sportliche Erfolg ist absehbar, Nasarbajew ist aber glücklich. Er genießt Aufmerksamkeit im europäischen Spitzensport.

Neben Astana ist auch Gladbach (ohne Stranzl, verletzt) ein CL-Debütant und begeht heute seine Heimpremiere gegen Manchester City (20.45 Uhr, live SRF2, Sky). Interimstrainer André Schubert ist nach dem Abschied von Lucien Favre binnen zehn Tagen vom Regionalliga- zum Champions-League-Coach aufgestiegen. Mit zwei Ligasiegen im Rücken wirkt der Klub am Niederrhein gestärkt. „Wir sind bereit, haben Respekt, aber keine Angst. Vielleicht unterschätzen sie uns“, sagt Schubert. Zum Wiedersehen kommt es dabei mit Ex-Wolfsburger Kevin De Bruyne, der bei der 1:4-Niederlage gegen Tottenham sein drittes Pflichtspieltor für die Citizens erzielte.

Das zweite deutsch-englische Duell bestreiten Manchester United und Wolfsburg (20.45 Uhr, live ORF1, ZDF, Sky). (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2015)

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