Fifa-Wahl: Ein Mitstreiter Mandelas als Präsident?

Tokyo Sexwale arbeitete unter Joseph Blatter für die Fifa und könnte ihn vielleicht bald beerben.
Tokyo Sexwale arbeitete unter Joseph Blatter für die Fifa und könnte ihn vielleicht bald beerben.(c) AFP (JACK GUEZ)
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Nach und nach geraten die offiziellen Kandidaten für Joseph Blatters Nachfolge ins Zwielicht. Das eröffnet Tokyo Sexwale, 62, die große Chance. Der südafrikanische Geschäftsmann punktet mit Erfahrung, Kontakten und Neutralität.

Wien. Spätestens am 26. Februar 2016 soll im Fußball-Weltverband mit der Präsidentenwahl die Ära Joseph Blatter ein Ende finden, doch die Suche nach dem Nachfolger gestaltet sich schwierig. Uefa-Chef Michel Platini, bislang aussichtsreichster der drei offiziellen Bewerber, erreichte spätestens mit Bekanntwerden der dubiosen Zahlung von 1,8 Millionen Euro der dunkle Schatten des Fifa-Skandals. Am Dienstag wandte sich dann Ex-Vizepräsident Chung Mong-joon an die Medien. Dem Südkoreaner droht laut eigener Aussage eine 19-jährige Sperre durch das Fifa-Ethikkomitee, er fühle sich in seiner Wahlkampagne „sabotiert“. „Das Fifa-Ethikkomitee ist Blatters Auftragskommando. Ihn nehmen sie nie ins Visier, aber alle, die ihn herausfordern“, sagt der Blatter-Kritiker, der vermeintliche Verstöße gegen den Ethikkodex dementierte. Der letzte Verbliebene auf der offiziellen Liste, Prinz Ali bin al-Hussein, war bereits im Mai ohne Chance.

Das eröffnet potenziellen Newcomern große Möglichkeiten. Von Liberias Verbandspräsident, Musa Bility, bis zu Brasiliens Fußballlegende Zico wurde Interesse an der Rettung des Weltfußballs bekundet, einer hat zuletzt auffallend viele Unterstützungsbekundungen gesammelt: Tokyo Sexwale. Allen voran Franz Beckenbauer gibt sich als großer Fürsprecher des Südafrikaners, dieser Tage strich er beim Camp Beckenbauer in Kitzbühel noch einmal dessen Qualitäten hervor. „Er hat zwar eine politische Vergangenheit, aber er kennt sich im Sport aus. Er hat den Geruch der Neutralität, und deswegen glaube ich, dass er eine gute Lösung wäre“, sagte der „Kaiser“ und garantierte für den Fall einer Kandidatur auch gleich die Rückendeckung des DFB. Zuvor hatte sich schon IOC-Chef Thomas Bach wohlwollend über Sexwale geäußert: „Ich schätze ihn sehr.“

Mosima Gabriel Sexwale, wegen seiner Leidenschaft für Karate später als Tokyo bekannt, kämpfte einst an der Seite Nelson Mandelas in Südafrika gegen das Apartheidregime und verbrachte in der Folge 13 Jahre im Gefängnis auf Robben Island. Anschließend ging er in die nationale Politik, fungierte zuletzt bis 2013 als Siedlungsminister. Bereits 1998 gründete der vierfache Vater seine Firma Mvelaphanda Holdings, die höchst erfolgreich im Diamanten- und Ölgeschäft tätig ist. In seiner Heimat wird Sexwale zudem für sein soziales Engagement geschätzt, so ist er Treuhänder der Nelson Mandela Foundation.

Vorreiter im Kampf gegen Rassismus

Die Bühne des Weltfußballs betrat Sexwale im Rahmen der WM 2010 in Südafrika als Mitglied des Organisationsteams. Einen Namen hat er sich vor allem im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung gemacht: Er war Mitbegründer der Initiative Global Watch, die unlängst eine Charta sowie ein Barometer zur Bekämpfung von Rassismus in allen Sportarten lancierte. In dieser Mission half er 2011 auch Blatter: Unmittelbar nach brisanten Aussagen des Fifa-Präsidenten zu Rassismus auf dem Fußballplatz („Das kann in der Hitze des Gefechts passieren“) wurde Sexwale von der Fifa für das Anti-Diskriminierungs-Komitee und als Botschafter gegen Rassismus nominiert. Seit Sommer leitet der 62-Jährige die Kommission zur Verbesserung der Fußball-Beziehungen zwischen Israel und Palästina – bislang mit überschaubarem Erfolg.

Neben Erfahrung und Kontakten auf dem internationalen Parkett punktet Sexwale vor allem damit, dass er weder auf nationaler noch kontinentaler Verbandsebene in den Fußball involviert war und ihm somit nicht der Generalverdacht der Korruption anhaftet. „Wir sind alle betroffen von dem, was bei der Fifa passiert“, sagte der Südafrikaner, der die Entscheidung über eine Kandidatur dennoch nicht überstürzen will. „Ich überlege und denke nach.“ Bis 26. Oktober läuft die Nennfrist. Es würde überraschen, stünde der Name Sexwale am Ende nicht auf der Liste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2015)

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