Arnautović: Das Kunststück eines Seitfallziehers

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FBL-ENG-PR-STOKE-CHELSEA(c) APA/ AFP/ PAUL ELLIS
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Marko Arnautović und Stoke City sind das Gesprächsthema der Liga, der 1:0-Sieg gegen Chelsea imponiert. Trainer José Mourinho ist angezählt.

Stoke-on-Trent. Der Norden Englands ist rau. Industrie und Landwirtschaft prägen das Erscheinungsbild, auch rund um Stoke-on-Trent. Mehrere Städte sind hier nahe dem Fluss Trent zu einer verschmolzen. Bekannt ist die Gegend seit dem 17. Jahrhundert für Töpfereien. Die Stadt selbst ist berühmt für ganz andere Legenden, Lemmy Kilmister (Motörhead) oder Robbie Williams wurden hier geboren, die Dart-Champions Phil Taylor und Adrian Lewis. Stoke liebt natürlich auch, das ist in England kaum verwunderlich, den Fußball. Aktuell sind die Potters sogar das Thema der Premier League. Stoke City hat Chelsea mit 1:0 besiegt und damit wohl die Ära von José Mourinho beendet. Und, das entscheidende Tor schoss der Wiener Marko Arnautović.

Der ÖFB-Teamspieler, der in der gemeinsamen Zeit bei Inter Mailand (2010) vom Portugiesen zumeist auf die Bank oder Tribüne gesetzt worden war, besiegelte mit einem Seitfallzieher den 1:0-Sieg. Für Chelsea war es die dritte Liganiederlage in Folge, erstmals in der Ära von Klubchef Roman Abramowitsch ist so eine Talfahrt dokumentiert. Für Chelsea ist es übrigens der Tiefststand seit Oktober 1999, damals ist unter Manager Gianluca Vialli alles aus dem Ruder gelaufen.

Lob für die Potters

„Es ist ein fantastisches Gefühl, dass wir gegen Chelsea drei Punkte geholt haben“, sagte Arnautović im Club-TV. „Ich denke, unser Team hat das gut gemacht – nicht nur ich, die ganze Mannschaft. Sie hat beeindruckend gearbeitet.“ Bei seinem Treffer in der 53. Minute, seinem dritten Ligator in dieser Saison, hob Arnautović auch den einleitenden Pass von Xherdan Shaqiri auf Glen Johnson hervor. „Dann ist der Ball mit etwas Glück zu mir gekommen, ich habe etwas versucht und es ist gut gegangen. Das freut mich natürlich“, erklärte der 26-Jährige.

Auf Shaqiri trifft der Floridsdorfer bereits in etwas mehr als einer Woche wieder, wenn die Schweiz zum Abschluss des Länderspieljahres am 17.November zum freundschaftlichen Test in Wien antritt. „Zu Hause gegen Chelsea zu gewinnen und dann zum Nationalteam zu fahren, ist unglaublich gut“, meinte Arnautović. „So kann jeder glücklich in die Länderspielpause gehen.“ Außer Mourinho vielleicht . . .

Der Chelsea-Coach gerät zusehends in Bedrängnis, liegt der Meister als 16. nur drei Punkte über der Abstiegszone. Sieben der ersten zwölf Ligaspiele haben die Londoner zuletzt 1978 verloren – und mussten in weiterer Folge absteigen. Für die Stoke-Fans war es ein Fressen. Ihre Choräle nach Schlusspfiff nahmen kein Ende, ihr Gesang war schrill, laut: „Daher geht ihr nach unten.“ Mourinho hörte es nicht. Der 52-Jährige verfolgte die Partie ob einer Sperre wegen Schiedsrichterkritik in einem nahegelegenen Hotel.

Ob er da an sein Hoch in Italien zurückdachte? Mit Arnautović hatte er 2009/10 bei Inter zusammengearbeitet. Der Klub gewann das Triple aus Meisterschaft, Cup und Champions League, der Wiener kam – in seiner „wilden Zeit“, wie er zugibt, nur sporadisch zum Einsatz. In der Champions League spielte er keine Sekunde, bei der Feier des 2:0-Finalsieges gegen Bayern München war er dabei. „Er ist ein großartiger Kerl, aber er hat einen Kopf wie ein Kind“, sagte Mourinho damals über den Österreicher. Einmal sei er zu spät gekommen, dann wieder um drei Stunden zu früh. Das genügte, Arnautović war bei Mourinho unten durch. Am Samstag im Britannia-Stadium war Arni aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es war ein Traumtor und für ihn gewiss eine späte Genugtuung.

42 Millionen Euro Abfindung

Mourinhos Vertrag läuft bis 2019. Eine Entlassung würde Chelsea laut britischen Medienangaben 42 Mio. Euro an Kompensationszahlungen kosten. Fans wie Spieler stehen zu ihm, der Ball liegt aber bei Abramowitsch. Nach der Länderspielpause geht es für die Blues gegen den Tabellennachbarn Norwich City weiter. Ob Mourinho an der Line stehen und schimpfen wird? (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2015)

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